: Schwarze Sheriffs mit im Boot
■ Private Sicherheitsdienste, Polizei und Bundesgrenzschutz sollen vereint gegen Junkies und Bettler vorgehen
Die Vertreibungspolitik gegen Bettler, Junkies und Drogenabhängige geht weiter: Neben 50 Bundesgrenzschutzbeamten holt Innensenator Ralf Borttscheller (CDU) jetzt auch die privaten Sicherheitsdienste mit in sein Sicherheitsboot: Für ein „sicheres Bremen“ sollen sie künftig eng mit Polizei und BGS-Leuten zusammenarbeiten. Zu dieser Vernetzung wurde gestern das „Bremer Sicherheitsforum“ ins Leben gerufen. Mit dabei ist auch der Bremer Einzelhandelsverband. Die Händler wollen jetzt offenbar rund um die neuen Passagen in einer konzertierten Aktion groß reinemachen.
Denn das neue Sicherheitsform plant Modellversuche in Form von „City-Crime-Controls“ an wichtigen Einkaufsorten. „Effizienter“ und „besser“ sollen da die Träger von „öffentlicher und privater Sicherheit“ zusammenarbeiten, betonte gestern der Innensenator. Von einer Kompetenzerweiterung der schwarzen Sheriffs könne aber keine Rede sein. Sie dürfen bisher nach dem „Jedermannsrecht“ lediglich Verdächtige festhalten, bis die Polizei eintrifft. Die Polizei, so beteuerte Bortscheller, behalte selbstverständlich das hoheitliche Gewaltmonopol. Doch wie man sich „stärker aufeinander abstimmen“ wolle, blieb gestern offen. Man könne sich zum Beispiel in der Präsenzdichte abstimmen. Aber die genauen „Schnittstellen“ seien in gemeinsamen Sitzungen noch „zu definieren“.
Was dabei herauskommen kann, zeigt sich vor allem in „konkreten Skandalen“, sagt Reinhard Borchers, Geschäftsführer der „Bundesarbeitsgemeinschaft Kritischer Polizistinnen und Polizisten“. So hatte zum Beispiel in Kassel die Polizei den Sicherheitsdienst einer Einkaufspassage so fleißig unterstützt, daß sie Daten von Personen einfach an die Privatsheriffs weitergab – und damit gegen den Datenschutz handelte. Borchers meint: Die Zusammenarbeit erfolge vor allem im Interesse der Ladeninhaber. „Die wollen Junkies, Bettler oder Ausländer aus ihren schicken Passagen haben.“
Heftige Vorbehalte hat auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) – obwohl der Innensenator gestern jubilierte: „Die Gewerkschaft ist dafür – nach einem jahrelangen Widerstand.“ Dabei zeigte sich der stellvertretende GdP-Vorsitzende Hermann Kuhlmann gestern gegenüber der taz wenig begeistert: Die privaten Sicherheitsleute seien „nicht gut ausgebildet. Wenn die mal provoziert werden, kommt es zu Situationen, die wir nicht wollen.“
Was er damit meinen könnte, passierte vor knapp drei Monaten am Hamburger Hauptbahnhof: Da sollen nach Zeugenaussagen private Wachleute im U-Bahnhof einen Afrikaner verprügelt – und dabei ihre Kompetenzen klar überschritten haben. Polizeibeamten sollen die Mißhandlung sogar noch von der Öffentlichkeit abgeschirmt haben. „Auch bei der Polizei sind solche Dinge möglich. Da hackt natürlich die eine Krähe der anderen kein Auge aus“, sagt dazu der kritische Polizist Reinhard Borchers.
Doch solche Hand-in-Hand-Arbeit will man in Bremen vermeiden – indem man die Kurzlehrgangs-Ausbildung der Privaten verbessere, kündigte Elke von Oehsen von den Bremer Unternehmensverbänden gestern an. So soll die Polizei für die Ausbildung der Privaten sogar Referenten bereitstellen. Bremen könne zudem zu einem „führenden Oberzentrum“ bei der Aus- und Fortbildung für schwarze Sherifs werden, prognostizierte gar der Innensenator. So schlage man zwei Fliegen mit einer Klappe: Bremen werde sicherer und man schaffe auch noch einen „zukunftsweisenden Wirtschaftfaktor für unsere Stadt“. kat
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