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Neue Einkaufszentren „gefährden die City“

■ Voller Saal beim 4. Stadtentwicklungsgespräch des Bausenators im Bremer Rathaus: Auswärtige Experten, Bremer Stadtplaner und Kaufleute laufen Sturm gegen zusätzliches „Einkaufszentrum Space Park“

In Bremer CDU-Kreisen kursiert ein brisantes Papier: Die „Gesellschaft für Konsumforschung“ aus Nürnberg hat untersucht, welche Auswirkungen die derzeit geplanten neuen Einkaufszentren in Bremen haben würden. „Der Einzelhandelsumsatz in der Bundesrepublik Deutschland ist real seit mehr als fünf Jahren rückläufig und wird auch bis zum Jahre 2.000 keinen Aufschwung nehmen“, schreiben die Gutachter, neue Zentren könnten also nur zur „Umverteilung der Kaufkraft“ führen. Die geplanten großen neuen Einzelhandelsflächen hätten daher dramatische Auswirkungen auf die Bremer City, deren Geschäfte sich auf ein Minus von 10 Prozent einstellen müßten. Aus dem Umland würden die neuen Einkaufszentren dagegen nur wenig Kaufkraft abziehen.

Sogar existenzbedrohend könnte das geplante „Nordwest-Zentrum“ für das Möbelhaus Sander werden: Es drohe ein Rückgang des Umsatzes von über 30 Prozent, „der Fortbestand des Sander-Centers“ stünde damit in Frage.

Das Möbelhaus hatte das Gutachten in Auftrag gegeben, weil es durch die Pläne des Wirtschaftssenators aufgeschreckt war. Aufgeschreckt ist aber auch ein guter Teil der bremischen Geschäftswelt. „Konkurrenzen Innenstadt – Stadtteile – Peripherie“ war das Thema des „4. Bremer Stadtentwicklungsgespräches“, zu dem Bausenator Bernt Schulte ins Rathaus eingeladen hatte. Mit 300-400 interessierten Architekten, Stadtplanern und Unternehmern war der Raum voll wie nie bei kommunalpolitischen Diskussionen. Die Intensität des Beifalls zeigte, daß die Sorge um die Folgen eines Einkaufszentrums Space Park die meisten bewegte. Beifall also für das Plädoyer der Referentin und Münchener Stadtbaurätin Christiane Thalgott gegen die Subventionierung von Großprojekten. „Erst wird mit Ihren Steuern die Ansiedlung subventioniert, und dann wird Ihnen ein Strick daraus gedreht“, rief sie den Unternehmern im Saal zu. Die Politik müsse den Mittelstand stärken und „dann auch das tun, was sie sagt“, spielte Thalgott auf die Tatsache an, daß ein Einkaufszentrum auf dem AG Weser-Gelände nach dem Bremer Stadtentwicklungskonzept eben nicht gewollt ist.

Gerd Seitz, Geschäftsführer der Hamburger Projektentwickler-Gesellschaft ECE, die das Telekom-Gebäude in der Langenstraße gern zur Erweiterung der City verplanen würde, formulierte auf Nachfrage des früheren Karstadt-Chefs Blumenberg (CDU) eindeutig: Ein Einzelhandels-Zentrum auf dem AG Weser-Gelände „gefährdet die Innenstadt“. Bei der Mills-Corporation würde er doch prüfen, ob nicht am Ende nur Factory Outlet herauskommen würde, wofür die Mills nämlich bekannt sei.

Der Referatsleiter Stadtentwicklung beim Bausenator, Detlef Schobeß, sprach sich gegen eine „Entmischung“ der Stadt durch außerhalb liegende „Urban Entertainment-Center“ aus, Großeinrichtungen müßten ins Stadtentwicklungskonzept „eingebunden“ werden. Bausenator Schulte warb angesichts dieser Eindeutigkeit um Verständnis für seine schwierige Rolle. „Daß ich Sorgen habe“ angesichts der Space Park-Planungen, sei bekannt, meinte er, ein Gewinn könne das Space Park-Projekt nur sein, wenn 50 Prozent der Besucher von außen kämen. Ein Verzicht auf das Projekt „würde uns zurückwerfen“, beschrieb er die Stimmung in der CDU, und: „Es kann nicht mein Ziel sein, mich im Senat einfach überstimmen zu lassen“. K.W.

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