: Via Internet der Gewalt vorbeugen
■ An vielen Schulen können Schüler trainieren, ohne Gewalt auszukommen. Nun sollen die verschiedenen Projekte ein Netz bilden
Berlin (taz) – In Berlin lassen sich Schüler zu „Konfliktlotsen“ ausbilden, in Dortmund absolvieren Lehrer „Antirassismustrainings“, in Cottbus veranstalten Schüler einen „Sinti und Roma- Projekttag“ im Asylbewerberheim – Projekte zur Gewaltprävention gibt es zuhauf, ein Austauch der Ergebnisse kam bislang aber noch nicht zustande. Die Datenautobahn soll's möglich machen: 32 Schulen in fünf Bundesländern wollen per Internet kooperieren, um „gemeinsam statt einsam“ gegen Gewalt vorzugehen.
Eine Homepage ist eingerichtet, beim Schulamt im hessischen Wetzlar laufen die Fäden zusammen. Der Schulpsychologe Hartmut Balser koordiniert den länderübergreifenden Modellversuch im Internet. Zu ihm schicken die teilnehmenden Schulen ihre Berichte. Ein Expertenteam aus Informatikern und Psychologen ordnet die Daten. Schüler der Wetzlarer Goethe-Schule, die eigens eine Firma gegründet haben, gestalten die Internet-Seiten und speisen sie ins Netz ein.
„Wir wollen Transparenz schaffen“, sagt Balser. Immerhin hätten Bund und Länder in den vergangenen zehn Jahren rund 100 Millionen Mark in Gewaltprävention an Schulen investiert – was dabei herauskam, soll im Internet allen zugänglich sein.
Von der zunehmenden Jugendgewalt seien alle Bundesländer gleichermaßen betroffen, sagt Balser. Den öffentlichen Umgang damit müßten manche aber noch lernen. In Bayern gebe es noch keine Projekte zur Gewaltprävention. Zu den Vorreitern zählen Hessen, Brandenburg, Berlin, Nordrhein- Westfalen und Sachsen.
Dabei geht es nur in erster Linie darum, bereits gelaufene Aktionen zu dokumentieren. Die Projektschulen müssen sich auch an neuen Projekten beteiligen. „Ziel ist, daß sich Schüler ihr Selbstwertgefühl nicht durch Gewalt verschaffen, sondern durch Verantwortung im sozialen und ökologischen Bereich“, so Balser.
Verantwortung sollen die Schüler in verschiedenen Arbeitsbereichen übernehmen. Zur Auswahl stehen Felder wie „Lebenswelt Schule“, „Berufliche Perspektiven“ oder „interkulturelle Verständigung“. Schüler und Lehrer sollen sich dafür engagieren und sich mit den Partnerschulen übers Internet austauschen.
Mit den neuen Medien wollen die Organisatoren aus Wetzlar Schüler zum Mitmachen animieren. Über mangelndes Interesse können sie bislang nicht klagen, spricht Balser doch von einem regelrechten „Run“ auf das Projekt. Die Zahl der teilnehmenden Schulen ist allerdings auf 35 beschränkt, für mehr reicht das Geld nicht: 1,8 Millionen Mark haben Bund und Länder bereitgestellt. Damit sind die Personal- und Sachkosten für zwei Jahre abgedeckt.
Derzeit ist die Homepage nicht gut mit Informationen bestückt. Eine Initialzündung erhoffen sich die Organisatoren im September, wenn sich Vertreter aller Projektschulen in Wetzlar treffen. Heike Spannagel
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