■ Nachschlag: Unsinkbare Kunst mit männlicher Muse im Haus am Waldsee
Zunächst heiteres Passantenfragen am Wannsee. „Entschuldigung, wollen Sie auch zum Museum des Verschwindens?“ Ein kleines Häuflein Kunstenthusiasten suchte den Ort, an dem das Verschwinden und damit Kunst – so viel war klar – stattfinden sollte. Immerhin: Ein Hubschrauber spielte eine Rolle. Der wies dann auch den Weg. Schnell auf die Wannseebrücke: Die Aktion „Exposition = Disparition/ Ausstellung = Verschwindens“ von Yvonne Trapp nahm ihren Lauf. Der Helikopter kreiste 50 Meter über dem Wasser. Eine kupferfarbene Kiste fiel vom Himmel in den See. In drei Minuten sollte sie versinken, für alle Zeit verschwinden. Yvonne Trapp begab sich vor zehn Jahren auf die Suche nach dem „Abbild des ewigen Mannes“. Ausgangspunkt war die Frage, warum es nur weibliche Musen gibt. Wie würde eine männliche aussehen? Die 32jährige Künstlerin formte eine Figur. Dieser wurden durch Aktionen Form und Aussehen verliehen. Gedichte, Ausstellungen, Texte oder Feste „beschrieben“ das „Abbild des ewigen Mannes“. Die Legende, die mit den Jahren entstand, ist nun erzählt. Und weil Ende Juli eine Dokumentation in Form einer CD- ROM im Verlag der Buchhandlung Walther König (Köln) erscheint, die Überlieferung der Abbilder also gesichert ist, können selbige verschwinden.
Was genau in der Kiste liegt, bleibt allerdings verborgen. Dafür kann man bald genauer betrachten, was da vor sich ging: Ab Ende August wird ein Videofilm über die Aktion im Büro Friedrich in der Friedrichstraße 108 gezeigt, und im Oktoberheft der Neuen Bildenden Kunst ist alles in Wort und Bild nachzuvollziehen.
Das „Museum des Verschwindens“, also die Kiste mit Abbildern des ewigen Mannes, sollte schon vor Wochen verschwinden. Doch die Ämter spielten nicht mit. Im avisierten Waldsee durfte nichts verschwinden. Also rein damit in den Wannsee. Der aber wollte nicht. Denn das „Museum des Verschwindens“ verschwand nicht. Die Kiste wollte nicht untergehen. Kunst ist eben doch unsinkbar. Lag es an der männlichen Muse? Waren es schlicht zu wenige Löcher in der Kiste? Da konnte selbst die (Wasser-)Polizei nicht helfen, die die Kunst gar mit Füßen trat, sie aber nicht zum Untergehen bewegen konnte. So blieb nach über einer Stunde vergeblichen Wartens nichts anderes übrig, als die Überlebenskiste wieder an Land zu ziehen. Das Ding soll aber verschwinden. Also gibt es demnächst einen zweiten Versuch, mit besser präparierter Kiste. Wer wissen will, wann das „tatsächliche Verschwinden“ zelebriert wird, kann sich im „Haus am Waldsee“ (80912234) danach erkundigen. Andreas Hergeth
Wieder am 18. und 19. sowie 24. bis 16.7., 20.30 Uhr, Tränenpalast
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen