„Haben Sie einen Feind?“ – Mehrere

Frauen-Ausstellung provoziert Männer und einen Polizeibesuch  ■ Von Heike Dierbach

„Alle Weiber – den Kopf ab“, habe ein Passant spontan gerufen, berichtet Sabine Stövesand von der Frauengruppe „Tarantula“. Ein anderer habe angeboten, die Organisatorinnen „durchzuficken, bis die Sonne scheint“. Die Ausstellung „Mein Feind“ der EMMA-Fotografin Bettina Flitner zeigt Wirkung. Auf lebensgroßen Bildtafeln beantworten Frauen die Fragen: „Haben Sie einen Feind? Was würden Sie mit ihm tun?“ Seit Freitag präsentiert „Tarantula“ die Bilder in der Ottenser Hauptstraße.

„Wir haben mit Protesten gerechnet“, erzählt Stövesand, „aber nicht mit der Geschwindigkeit“. „Das soll Kunst sein?“, hat ein Passant in das ausliegende Kommentarbuch geschrieben, „die werden nicht lange stehen.“ Ein anderer erregter Bürger ist gleich zur Tat geschritten: Knapp zwei Stunden nach der Ausstellungseröffnung bekamen die Organisatorinnen „Besuch“ von einer Polizeistreife – ein Anwohner hatte sich über eine Tafel beschwert, auf der eine Frau den Papst „ihren schlimmsten Feind“ nennt.

Zum „Wohle der Menschheit“, erklärt sie, würde sie ihn mit einem Schwert erstechen. Die Polizeibeamten machten Fotos von den Fotos und kündigten an, das Material der Kriminalpolizei zu übergeben. Die solle feststellen, ob die Aufnahmen, die unter anderem schon im Zeit-Magazin gedruckt wurden, den Straftatbestand eines „Aufrufs zur Gewalt“ erfüllen.

„Der Verdacht bestand offensichtlich zumindest“, bestätigt Polizeipressesprecher Burkhard Rosenberg. Zum weiteren Verlauf der Ermittlungen könne er allerdings keine Angaben machen. Sollten die Bilder verboten werden, wäre das ein „netter Skandal“, findet Stövesand: „Es würde die Auseinandersetzung über das Thema anstoßen“. Denn daß weibliche Agression nach wie vor ein Tabu sei, hätten die Beschwerden schon jetzt erneut bewiesen.

„Da gibt's doch wirklich anderes, worüber man sich aufregen kann“, findet dagegen die 77jährige Else Radmann. Sie bleibt in Ottensen schmunzelnd vor einer Tafel stehen, auf der eine Frau erklärt: „Mein Feind ist mein Mann“. Auch Walter Eggers, 63, erkennt in den Bildern keine Gewaltverherrlichung: „Das muß man doch übertreiben, damit es klar wird.“

Stövesand ist mit den unterschiedlichen Reaktionen zufrieden: „Die Funktion von Kunst ist zu provozieren. Die Leute sollen stehenbleiben, reden, streiten.“ Es sind vor allem Frauen, die stutzen und gedankenvoll lächeln, wenn sie lesen „ich würde meinen Mann erwürgen“. Eine alte Frau hat ins Kommentarbuch geschrieben: „Das haben wir doch alle schon einmal gedacht...“