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Die sieben Versäumnisse des Senators Perschau

■ Der SPD-Bundestagsabgeordnete Kröning zur Bremer Haushaltssanierung

Recht und Politik sind zwei Sachen, doch sie bedingen sich. So wie Bremen seine Ansprüche an den Bundesgesetzgeber in der Ära Kohl nicht politisch, sondern nur rechtlich durchsetzen konnte, so mußte es auch bei der Umsetzung der Haushaltsnotlagen-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1992 beide Saiten des Instruments bremischer Interessenvertretung spielen: Die „Waigel-Thesen“ zur Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs im vereinigten Deutschland mußten 1992 politisch abgewehrt werden, und das Sanierungsprogramm mußte in eine Rechtsform gegossen werden: § 11 Abs. 6 des Finanzausgleichsgesetzes (FAG) ist Bremer Handschrift, das ganze Gesetz von 1993 auch weitgehend.

Was ist seit der Vorlage des Abschlußberichtes der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Stand der Sanierung geschehen – seit klar ist, daß Bremen und das Saarland eine Anschluß-Regelung brauchen? Seit Monaten ist aus dem Haus des Reichs, Sitz des Bremer Finanzsenators, die Rede von „politischen Gesprächen“ zu hören. Sie hat es sicherlich gegeben, sonst wäre nicht am 8. Juli 1998, 15.35 Uhr, bei Senator Perschau ein Fax von Minister Waigel eingetroffen, damit die angekündigte Pressekonferenz noch nachgeholt werden konnte – und sonst hätte der Senator nicht dem Bundeskanzler einen artigen Dankesbrief geschrieben.Doch was hat nicht stattgefunden ?!

1. Der Bedarf Bremens für die Abschlußregelung ist nach der Steuerschätzung 1997 nicht aktualisiert worden. Beträgt er noch 6,7 Mrd. Mark (bei einer Verteilung auf fünf Jahre) oder 6 Mrd. Mark (bei einer Einmal-Zahlung) ?

2. Die Finanzierung dieses Betrages – und des entsprechenden Betrages für das Saarland (nach bisheriger Rechnung insgesamt 10,7 Mrd. Mark) – ist völlig offen. Dies hat das bundesweite Nachspiel zu dem Waigel-Brief gezeigt.

3..Wenn, wie oft betont, die „Handlungspflicht“ beim Bund liegt und „Handlungssubjekt“ die Bundesregierung ist: warum liegt kein Gesetzentwurf zur Fortschreibung des § 11 Abs. 6 FAG vor, ohne den nichts im Entwurf des Bundeshaushalts 1999 hätte stehen können – und wird stehen können ?!

4. Wenn – wie seit Monaten erkennbar – die Bundesregierung nichts tut und im Bundestag abwiegelt: warum ist kein bremischer Gesetzentwurf (mit Finanzierungsvorschlag) vorgelegt worden ?

5. Man hat offenbar nur Gespräche geführt, doch nicht verhandelt. Wie kann es sonst angehen, daß die Bundesregierung die Abschlußregelung für Bremen und das Saarland aus dem System und dem Volumen des Finanzausgleichs finanzieren will und damit ausgerechnet die Länder – erst die östlichen, dann die schwächsten im Verbund, nämlich Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz – auf die Haushaltsnotlagenländer hetzt ?

6. Damit betreibt man das Geschäft derjenigen, die nicht die Revitalisierung des Föderalismus im Sinne haben, sondern eine Neuordnung der Landkarte – wie schon bei den „Waigel-Thesen“. Zugleich verfällt man einem Legalismus – in dem Sinne, daß die wachsende Infragestellung des Föderalismus schon durch das Bundesverfassungsgericht oder zumindest den Art. 29 des Grundgesetzes gestoppt werde, wonach gegen den Willen des Volkes nichts geht. Aber was, wenn das Volk nicht mitspielt ?

7. Was Bremen braucht, ist eine Strategie, die eine Alternative zu den Finanzreform-Bestrebungen Bayerns und Baden-Württembergs bietet, mit denen Länder – wie Hessen und Nordrhein-Westfalen – offen sympathisieren und die die öffentliche Debatte bestimmen. Die Idee, die dazu der amtierende Finanzsenator äußert, sind alt – und schon am Bund (Übernahme der Sozialhilfe-Lasten) und den Flächenländern (Korrektur der Lohnsteuerzerlegung) gescheitert bzw. noch nicht vorbereitet (Gutachten-Verfahren zur Korrektur der Einwohnerwertung). Volker Kröning

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