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Wirtschaftsweiser dämpft hohe Erwartungen

■ Der Vorsitzende des Sachverständigenrats, Herbert Hax, befürchtet einen erneuten Anstieg der Arbeitslosenzahlen: Der derzeitige Rückgang sei keine Trendwende. Waigel widerspricht

Berlin (AP) – Der oberste Wirtschaftsweise Herbert Hax hat vor überzogenen Erwartungen in eine Erholung des Arbeitsmarkts gewarnt. Im Winter sei wieder ein deutlicher Anstieg der Arbeitslosenzahlen zu erwarten, dämpfte Hax die Erwartungen. Der derzeitige Rückgang signalisiere „eine Entspannung, er zeigt aber keine grundlegende Tendenzwende an“, sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung der Welt. Im Durchschnitt für 1998 geht er von 4,5 Millionen Arbeitslosen aus, während die Bundesregierung nur 4,3 Millionen annimmt.

Sollte sich allerdings die derzeitige „günstige Konjunkturentwicklung fortsetzen, ist es möglich, daß die Arbeitslosigkeit im Jahr 1999 im Durchschnitt unter vier Millionen liegen wird“. Aber damit könne man immer noch nicht zufrieden sein. Es sei noch kein Prozeß eingeleitet worden, der „uns nachhaltig von dem hohen Sockel herunterbringt, der sich über 25 Jahre hinweg aufgebaut hat“, beklagte Hax. „Die grundlegenden Arbeitsmarktprobleme bleiben weiter bestehen.“

Gleichzeitig warnte Hax davor, das von SPD-Kanzlerkandidat Gerhard Schröder geplante „Bündnis für Arbeit“ mit zu hohen Erwartungen zu überfrachten. Konkrete Absprachen über Neueinstellungen, Investitionen, Lohnverzicht oder Berufsausbildung seien von dem Bündnis nicht zu erwarten, „weil die Verbände gar keine Zusagen für ihre Mitglieder machen können“.

Finanzminister und CSU-Chef Theo Waigel widersprach der zurückhaltenden Einschätzung des Wirtschaftsweisen nachdrücklich. Er verwies darauf, daß mit 500.000 Arbeitslosen weniger derzeit der stärkste Rückgang der Arbeitslosigkeit seit der Wiedervereinigung zu verzeichnen sei. Dies zeige, daß der Durchbruch erreicht sei.

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