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■ Filmstarts à la carteSommermärchen

Da der Sommer in diesem Jahr offensichtlich woanders stattfindet, bleibt dem gewöhnlichen Bewohner unserer Breitengrade auf der Suche nach etwas Sonne nur die Flucht ins Ausland – oder ins Kino. Auch dort ist der deutsche Sommer-Film – wen wundert's – nur eine Marginalie: Allenfalls könnte man da an die „Fischerin vom Bodensee“ denken oder an Frank Schöbel, der als musikalischer Alleinunterhalter auf der MS „Stasi“ fröhlich-frisch verminte Ostseegewässer beschippert. Oder vielleicht doch besser nicht. Deshalb nichts wie ab in die Bretagne, in die uns Eric Rohmer in seiner Erzählung vom „Sommer“ mitnimmt. Es beginnt Rohmer-untypisch schweigsam. Ausführlich zeigt der französische Regisseur seinen Protagonisten Gaspard (Melvil Poupaud) bei der Ankunft in einem kleinen Ferienort an der Atlantikküste: wie er sich einrichtet in der Ferienwohnung, in der Crêperie zu Abend ißt, im Meer badet – und wartet. Ferienalltag. Nachdem er jedoch die Ethnologiestudentin Margot (Amanda Langlet) kennengelernt hat, bietet sich alsbald ein gewohntes Bild: Auf langen Spaziergängen entlang der attraktiven bretonischen Küste diskutiert man über Freundschaft, große Liebe und kleine Liebeleien. Es geht – wie meist bei Rohmer – um paradoxe Prinzipien und Ideale („Sie ist mein Ideal – aber nicht die ideale Frau“, sagt Gaspard über seine Beinahe- Freundin Léna, die sich, als sie endlich aufkreuzt, als launisch- arrogante Zicke erweist) und darum, sich nicht entscheiden zu können: So widmet Gaspard sein selbstkomponiertes Seemannslied – einen Exkurs über die Musik der Neufundlandfischer liefert Rohmer gleich mit – ständig einem neuen Mädchen, und auch einen Ausflug nach Ouessant hat er schließlich gleich drei Frauen versprochen. Und dabei die offensichtlichste Lösung seiner Probleme übersehen.

Nun könnte man – erfüllt von typisch französischer Filmkunst – natürlich nach Hause gehen, den gutgekühlten Weißwein entkorken und den melancholischen Chansons der Brigitte Bardot lauschen: „Une histoire de plage“. Oder man unternimmt noch einen Ausflug in die sommerliche Toskana: Dort nämlich verfilmte Kenneth Branagh Shakespeares Geschlechterkampf-Komödie „Much Ado About Nothing – Viel Lärm um Nichts“ mit sich selbst und seiner damaligen Gattin Emma Thompson in den Hauptrollen. Dabei vermitteln die sarkastischen Wortgefechte der beiden Mimen in sonniger Landschaft eine derart übermütige Atmosphäre, daß sich selbst die Kamera zu allerlei Kapriolen und Extravaganzen hinreißen läßt. Und auch Keanu Reeves kann als finsterer Intrigant das sonnige Bild nicht trüben.

Noch etwas weiter südlich erobert sich eine ausgebüxte Prinzessin in ihren „römischen Ferien“ die Ewige Stadt: mit Sightseeing und Friseurbesuch, Eislutschen und Fahrten mit dem Motorroller. Natürlich erlebt sie auch gleich noch die erste große Liebe. Und wer mag sich schon ernsthaft dem mädchenhaften Charme entziehen, den Audrey Hepburn in ihrer ersten Hauptrolle in William Wylers „Roman Holiday“ verbreitet?

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