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Schafe mit doppelter Staatsbürgerschaft

Porschke und Steenblock sehr froh: Vieh für Naturschutzgebiet Höltigbaum  ■ Von Silke Mertins

Das Schreckgespenst der Sozialdemokratie wohnt auch im Naturschutzgebiet Höltigbaum: der Wachtelkönig. Bis zu sieben Männchen sollen den Naturschützern zu Ohren gekommen sein. Doch vor allem ist der ehemalige Übungsplatz der Bundeswehr die Heim- und Brutstätte der Feldlerche. Und dieses Federvieh ist nicht nur schützenswert, sondern braucht, wie der Name schon sagt, das freie Feld. Die Natur hat jedoch die unangenehme Angewohnheit, zu verbuschen. Kleine Birken und andere Baum- und Straucharten mühen sich, in den Himmel zu wachsen und rauben der Feldlerche ihr Feld.

Weil das nicht schön ist, wurde das Problem auf höchster Ebene durchgesprochen. Der Höltigbaum liegt teils auf Hamburger, teils auf schleswig-holsteinischem Gebiet. Und weil man dazu noch in derselben Partei ist, trafen sich die beiden zuständigen Grünen: der Hamburger Umweltsenator Alexander Porschke und sein nördlicher Kollege Rainder Steenblock. Mit Heidschnucken und Rindviechern soll dem Wachstumswillen der Natur zu Leibe gerückt werden, beschlossen sie. Gestern nun nahmen die beiden Politiker die neuen BewohnerInnen des Höltigbaums in Empfang.

Etwas unwillig liefen die Schafe zunächst in die falsche Richtung. Dann aber wurde unter lautem „Määäähhh“ und der Hilfe von Porschke – „Hier lang!“ – doch noch das Tor zu dem 45 Hektar großen eingezäunten Gebiet passiert. Sofort machte man sich über die knackigen kleinen Birken her. „Zur Aufsicht“, wie Porschke zu bemerken beliebte, kamen dann noch Rinder hinzu. Als erste wurde das friedliche elfjährige „Möhrchen“ ausgeladen. Ihre drei Kälber werden nachgeliefert. Weniger handzahm gebärdete sich die fünfjährige „Muh“. Sie wollte partout ohne Leine durchs Tor. Die Tiere „werden sich hier ziemlich wohl fühlen“, ist Porschke sicher und tätschelt eines der Rindviecher. „Hier ist alles, was man sich als Kuh so wünscht.“ Seit 1930 ist der Höltigbaum landwirtschaftlich nicht mehr genutzt worden und blieb so von Pflanzenschutzmitteln und Dünger verschont.

Naturschützer und Umweltpolitiker hoffen außerdem, diese Aktion möge dazu beitragen, daß die BesucherInnen sich künftig an die Regeln halten und im ehemaligen Niemandsland auf den Wegen bleiben, auf den dafür vorgesehenen Plätzen am Eingang Eichberg picknicken oder herumliegen, ihre Hunde anleinen und sich mit dem Bewundern der Landschaft bescheiden. „Sonst sind wir gezwungen, wilde Stiere auszusetzen“, so Porschke.

Eigentlich sollen zu dem Weidestück noch 155 Hektar auf schleswig-holsteinischem Gebiet hinzukommen. Doch Hamburgs Nachbarn haben sich noch immer nicht mit dem Bund auf einen Verkaufspreis geeinigt. Die Bonner seien „unkooperativ“ und verlangten „völlig überhöhte Preise“, klagt Steenblock. Hamburg zahlte hingegen, was die Bundesregierung verlangte und ist deshalb „mit dem Aufkauf weiter als wir“. Er hofft auf baldige Einigung. Denn erst wenn länderübergreifend gegrast werden kann, handelt es sich um eine Herde mit doppelter Staatsbürgerschaft.

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