: Ortstermin Bad Kleinen
■ Bonner Gericht will den Tod von RAF-Mitglied Grams neu untersuchen
Berlin (taz) – Das Bonner Landgericht will klären, ob das Mitglied der Roten Armee Fraktion, Wolfgang Grams, am 27. Juni 1996 auf dem Bahnhof von Bad Kleinen (Mecklenburg-Vorpommern) tatsächlich Selbstmord beging. Bei dem Versuch, die RAF-Mitglieder Grams und Birgit Hogefeld festzunehmen, war es zu einer Schießerei gekommen, in deren Verlauf der GSG-9-Beamte Michael Newrzella und Grams getötet wurden. Hogefeld wurde verhaftet. Der V-Mann Klaus Steinmetz, der die Fahnder zu dem Treff mit dem RAF-Pärchen geführt hatte, wurde bei der desaströsen Polizeiaktion entarnt. Am 13. und 14. August will das Bonner Gericht nun in Schwerin Zeugen des Polizeieinsatzes vernehmen und einen Ortstermin auf dem Gelände des Umsteigebahnhofs durchführen.
Der gescheiterte Polizeieinsatz hatte massive Folgen: Der Bonner Innenminister Rudolf Seiters trat zurück, der Generalbundesanwalt Alexander von Stahl wurde geschaßt, u.a. wurden die Zuständigkeiten im Bereich der Terorismusbekämpfung radikal umgebaut.
Umstritten waren vor allem die genauen Umstände, die zum Tod von Grams geführt hatten. Einige Zeugen wollen damals beobachtet haben, wie zwei Elitepolizisten den RAF-Mann aus nächster Nähe mit dessen eigener Pistole erschossen. Unstrittig ergab eine spätere Untersuchung nur, daß Grams an den Folgen eines aufgesetzten Kopfschusses verstarb. Die Bundersregierung zog in ihren Untersuchungsberichten später die Schlußfolgerung, der bereits verletzte Grams habe sich selbst mit einem Kopfschuß getötet.
Die Eltern von Wolfgang Grams versuchten wiederholt, strafrechtlich gegen die eingesetzten Beamten vorzugehen. Die Verfahren wurden aber eingestellt. Daraufhin klagten die Eltern zivilrechtlich gegen die Bundesrepublik. Sie verlangten eine „Erstattung der für die Beerdigung ihres Sohnes angefallenen Kosten“. Die „näheren Todesumstände“ stellten deshalb den Kernpunkt des Rechtsstreits dar, erklärte gestern das Landgericht. wg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen