: Tour de France: Radsportprofis sehen sich als Opfer ihrer Manager
■ Nach ihren Dopinggeständnissen klagen die Festina-Radprofis Brochard und Meier ihren Arbeitgeber an. Viele Fahrer wollen jetzt streiken, weil sie „wie Vieh behandelt“ würden. Auch TVM-Team droht der Ausschluß
Paris (taz) – Nach ihrem Dopinggeständnis haben Fahrer des von der Tour de France ausgeschlossenen Festina-Teams Vorwürfe gegen das Management der Mannschaft erhoben. Der Franzose Laurent Brochard erklärte gestern in Lyon, die Leitung des Teams habe das Doping eingeführt. „In Wirklichkeit fühle ich mich als Opfer ersten Ranges“, schrieb der Radsportprofi in einer von seinem Anwalt veröffentlichten Erklärung. Er werde als Nebenkläger in dem Verfahren auftreten.
Sein Schweizer Teamkollege Armin Meier gestand öffentlich vor Journalisten ein, den verbotenen Stoff EPO seit zwei Jahren eingenommen zu haben. Im Laufe des Freitags wurden sämtliche Profis des Festina-Teams freigelassen, Sportdirektor Roussel blieb in Haft.
Nachdem auch beim niederländischen Team TVM Dopingmittel und solche zur Verschleierung von Doping gefunden wurden, ist die Tour zu Ende – zumindest für Le Monde. Die Pariser Tageszeitung fordert in ihrer heutigen Ausgabe einen Abbruch: „Die Tour ist vorbei. Das Spektakel darf nicht weitergehen.“
Gestern wurde allerdings noch gefahren, wenn auch erst mit Verzögerung. Nicht Jan Ullrich und Telekom, aber Profis aus Frankreich und dem Rest der Welt hatten die Abfahrt verweigert und über gemeinsame Kampfmaßnahmen beraten.
„Wir haben die Schnauze voll“, erklärte der Rädelsführer der aufständischen Radler, der Franzose Laurent Jalabert: „Wir werden wie Vieh behandelt. Niemand interessiert sich mehr für den Sport bei der Tour. Jetzt reagieren wir eben wie Vieh.“ Statt gegeneinander anzustrampeln, fand es eine Mehrheit der Radler gestern vormittag wichtiger, miteinander eine Ehrenrettung in Sachen der eigenen Korporation zu versuchen. Mit ihrer zwei Stunden währenden Leistungsverweigerung, die aufgeregte Sportjournalisten prompt eine „Revolte“ und einen „Sturm in Radsport“ nannten, protestierten sie gegen den „Verdacht“, der sich gegen die gesamte Tour de France richte sowie gegen das angeblich von den Medien geschürte Anti-Radsport- Klima. Um 13.37 Uhr starteten sie mit 90minütiger Verspätung schließlich doch zur 12. Etappe.
Dennoch ist die Tour nicht mehr, was sie war. Das Thema Doping überlagerte alles. Immer wieder lief der hochemotionale Bericht des Radlers Meier über die Sender. Nachdem er am Vortag von der Kriminalpolizei wie ein gewöhnlicher Drogen-User entkleidet, in allen Körperöffnungen durchsucht und verhört worden war, hatte er seinen EPO-Konsum gestanden. Nach seiner Freilassung sagt Meier: „Ich fühle mich jetzt besser. Vielleicht war das Geständnis ja gut für mich und für den Radsport.“ Dorothea Hahn
Berichte Seiten 2 und 14
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