: "Nein zu Subventionen"
■ Beispiel Adtranz: Der Staat sollte auf die Millionen-Förderung von Jobs verzichten, meint der bündnisgrüne Haushaltsexperte Oswald Metzger
taz: Mindestens 18,4 Millionen Mark spendierte der Senat für das Adtranz-Werk in Pankow, das nach seiner Eröffnung 1997 nächstes Jahr schon wieder geschlossen werden soll. Können Subventionen Arbeitsplätze sichern?
Oswald Metzger: Subventionen passen nicht in die marktwirtschaftliche Ordnung. Sie haben nur dann einen Sinn, wenn sie die Markteinführung neuer Produkte, etwa von Solaranlagen, unterstützen, die gegen die alteingesessenen Unternehmen sonst keine Chance hätten. In allen anderen Fällen, wie jetzt auch bei Adtranz, führen sie nur zu Mitnahmeeffekten bei den Betrieben und zur Verzerrung des Wettbewerbs.
War die Förderung von Adtranz nicht der ausschlaggebende Grund dafür, daß das neue Werk mit 350 Arbeitsplätzen erst errichtet wurde?
Betriebe versuchen sehr häufig, Subventionstöpfe anzuzapfen. Doch nur selten hängt die Standortentscheidung wirklich davon ab. Das Daimler-Benz-Motorenwerk in Rastatt in Baden-Würtemberg wurde mit über 250 Millionen Mark gesponsert – es wäre jedoch auch ohne gebaut worden.
In Pankow betrug die Subventionssumme zwischen einem Drittel und der Hälfte der Investition. Ist das nicht eine Größenordnung, die ein Unternehmen zur Ansiedlung bewegen kann?
Aber zu welchem Preis? Die Bahnhersteller haben in der Hoffnung auf Aufträge im Zuge der Bahnreform riesige Überkapazitäten geschaffen. Subventionen wie bei Adtranz begünstigten das. Und jetzt haben wir den Salat: Die überschüssige Produktion wird wieder geschlossen. Ich mache dabei weniger der Firma einen Vorwurf als den Politikern, die glaubten, damit nachhaltig einen Standort zu sichern.
Sollte nur großen Unternehmen die Förderung vorenthalten werden oder auch kleinen?
Allen. Wobei man sagen muß, daß die heutige Subventionsvergabe die Großen begünstigt. Die halten die Hände auf. Wenn ein Standort mit ein paar tausend Mitarbeitern wackelt, dann springt die Politik. Wenn hingegen zehntausend Arbeitsplätze im Mittelstand kaputtgehen, gibt es kaum eine Lobby, die sich Gehör verschafft. Interview: Hannes Koch
Oswald Metzger ist Haushaltsexperte der Bündnisgrünen im Bundestag
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