: Freie Universität plant Teilprivatisierung
■ Die FU will alle Bereiche, die nicht unmittelbar zur Forschung und Lehre gehören, an private Gesellschaften ausgliedern. Landesrechnungshof hält das für rechtlich bedenklich. ÖTV pocht auf Kündig
An der Freien Universität (FU) sorgen Pläne, Teilbereiche der Hochschule in privatwirtschaftliche Gesellschaften auszugliedern, für Unruhe unter den Beschäftigten. So soll am Steglitzer Universitätsklinikum Benjamin Franklin (UKBF) eine „UKBF-Klinik-Service GmbH“ mit 300 bis 400 Beschäftigten entstehen. Sie würde in den Bereichen Wäscherei, Küche und Medizintechnik Aufgaben übernehmen, die nicht unmittelbar die universitären Kernaufgaben Lehre, Forschung oder Krankenversorgung berühren.
Eigentlich sollte die GmbH- Gründung bereits auf einer Sitzung der Finanz- und Wirtschaftskommission des FU-Kuratoriums vor vier Wochen beschlossen werden. Aufgrund der Einwände von Arbeitnehmervertretern wurde die ursprüngliche Vorlage des FU- Vizepräsidenten Peter Gaehtgens jedoch „im gegenseitigen Einvernehmen zurückgezogen“, wie die FU-Sprecherin gestern bestätigte.
Der Hintergrund dieses Rückziehers ist der jüngste Jahresbericht des Landesrechnungshofs, in dem vergleichbare GmbH-Gründungen am Weddinger Virchow- Klinikum der Humboldt-Universität als „rechtlich bedenklich und wirtschaftlich fragwürdig“ eingestuft wurden. Zu den Aufgaben der Universitäten und ihrer Klinika zählten „Leistungen außerhalb des eigenen Betriebs nicht“, monierten die obersten Haushaltsprüfer. Das Klinikum habe „teils keine, teils keine ausreichenden Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen angestellt“. Rechnen könne sich die GmbH-Gründung allenfalls durch Steuereinsparungen – also auf Kosten der Landeskasse.
Als „abenteuerlich“ schätzt auch die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) die FU-Pläne ein. „Bei Verlusten und Konkursen“, warnte die Landesvorsitzende Susanne Stumpenhusen, müsse „letztlich der FU-Haushalt“ geradestehen. Einspareffekte könne eine GmbH nur dann erzielen, wenn sie Personal abbaue oder die Beschäftigten schlechter bezahle. Den Abschluß einer „Rahmendienstvereinbarung“, die den Status des Personals in solchen Fällen sichern soll, habe Gaehtgens immer wieder „auf die lange Bank geschoben“. Die vor drei Wochen vereinbarten „Eckpunkte zur Beschäftigungssicherung in Hochschulen“ schlössen zwar betriebsbedingte Kündigungen bis zum Ende des Jahres 2000 aus, regelten aber nicht den Übergang auf private Gesellschaften.
Solche Ausgründungen werden in Zukunft nicht auf die Klinika beschränkt bleiben. Schon im Frühjahr hatte Gaehtgens angkündigt, die FU müsse sich auf die „Kernaufgaben in Forschung und Lehre“ konzentrieren. Bei der Suche nach neuen Einnahmequellen habe er „alle Hemmungen verloren“. Im Gespräch ist eine Privatisierung der Uni-eigenen Druckerei. Auch die Kindertagesstätte soll einem Träger übergeben werden, der anders als die Hochschule Zuschüsse vom Land, sogenannte Platzgelder, erhält. Universitätsmitarbeiter wußten inzwischen gar von Plänen zu berichten, die Öffentlichkeitsarbeit zu privatisieren.
Die ÖTV-Vorsitzende betonte, die Gewerkschaft wolle Ausgründungen „nicht verhindern, sondern regeln“. Geltende Tarifverträge, Altersversorgung, Mitbestimmung und Kündigungsschutz dürften dadurch nicht eingeschränkt werden. Ralph Bollmann
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