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Angst um die Asylcard

Unveröffentlichte Studie zur Chipkarte für Asylbewerber warnt vor schlechtem Image und rechtlichen Problemen  ■ Von Patrik Schwarz

Berlin (taz) – Sind es die langen Schatten des Volkszählungsboykotts von Anfang der 80er Jahre? Deutliche Angst vor einer kritischen Öffentlichkeit spricht jedenfalls aus den Empfehlungen einer Expertengruppe, die im Auftrag von Innenminister Manfred Kanther (CDU) die Einführung einer Chipkarte („Smart-Card“) für Asylbewerber prüfen sollten.

Es sei „unbedingt zu vermeiden, daß eine Einführung der Smart- Card im Asylverfahren in der öffentlichen Wahrnehmung zu einem negativen Image dieser Datentechnik führt“, heißt es in der noch unveröffentlichten 380seitigen Studie, deren Zusammenfassung der taz vorliegt. Als Kanthers Pläne für eine Asylcard Ende letzten Jahres bekanntwurden, hatten Datenschützer und Flüchtlingsorganisationen wiederholt protestiert. Anschließend bangten wohl vor allem die an der Studie beteiligten Vertreter eines Chipkartenkonzerns um das saubere Image der neuen Technologie – sowie um Absatzchancen jenseits der Asylcard. Ausdrücklich geht die Studie davon aus, „daß die Smart-Card- Lösung auch in anderen Bereichen der öffentlichen Verwaltung auf die Zukunft hin sinnvoll sein könnte“. In der Expertenrunde aus Soziologen, Juristen und Technikern war der Paderborner Chipkartenkonzern ORGA über seine Tochterfirma, die Beratungsfirma ORGA Consult, vertreten.

Zentraler Kritikpunkt vieler Datenschützer an Kanthers Konzept war die Vorgabe des Innenministeriums, die Chipkarte müsse achtzehn verschiedene Funktionen übernehmen können. Die Asylcard wäre dann unter anderem Ausweis, Wohnungsschlüssel, elektronische Geldbörse und Patientenkarte – es gäbe kaum mehr einen Lebensbereich, in dem ein Flüchtling ohne staatliche Kontrolle leben könnte. In der Studie umgehen die Forscher die fragwürdigen praktischen, rechtlichen und moralischen Konsequenzen dieser Vollüberwachung, indem sie sich entgegen Kanthers Auftrag auf die sogenannte Pflichtfunktion der Karte als Ausweis beschränken. Allerdings wird eingeräumt, die Chipkartentechnologie „stellt zugleich die informationstechnischen Voraussetzungen für Anwendungen im optionalen Bereich bereit.“ Die Klärung dieser eigentlich problematischen, weil weiterreichenden Kartenfunktionen soll nach Meinung der Experten in Form von Pilotprojekten in Ländern und Kommunen stattfinden.

Die Freude des Bundesinnenministers über die Studie dürfte trotzdem nicht uneingeschränkt sein. Zwar bewertet sie die Einführung der Asylcard grundsätzlich positiv, weil die Karte für die diversen Ausländerbehörden Vereinfachungen im Verwaltungsablauf bedeute und höhere Sicherheit biete, daß Daten korrekt erfaßt werden. Doch betonen die Autoren zugleich das Fehlen der notwendigen rechtlichen Grundlagen. Sollte Kanther gehofft haben, sich die juristische Basis für die Asylcard per ministerieller Verordnung selbst zu schaffen, sieht er sich getäuscht. Die Studie stellt klar: „Insbesondere ist eine Einführung [der Chipkarte – d. Red.] alleine aufgrund von Verwaltungsvorschriften nicht möglich; sie unterfällt vielmehr dem Gesetzesvorbehalt.“

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