■ Union fordert eine quotierte Verteilung von Flüchtlingen in der EU: Es ist noch Platz im Boot
Die EU braucht eine quotierte Verteilung von Flüchtlingen auf ihre Mitgliedsländer. Die Vertreter der CDU/CSU haben mit ihrer Forderung recht. Den Bürgern der Bundesrepublik läßt es sich auf Dauer nicht mehr vermitteln, weshalb sie den Großteil der Bürgerkriegsflüchtlinge aus Ex-Jugoslawien aufnehmen sollten und darüber hinaus seit Jahren rund fünfzig Prozent aller Asylbewerber innerhalb der EU. Die Bereitschaft zur Solidarität fällt um so schwerer, wenn gleichzeitig das geringe finanzielle Engagement von Ländern wie Italien, Großbritannien, Frankreich oder Italien gesehen wird.
Warum also diese Länder nicht zu einem ähnlichen Einsatz auffordern, wie ihn die Bundesrepublik schon lange erbringt? Eine Schlußfolgerung aus der Initiative der Union lautet: Das europäische Boot ist noch lange nicht voll – wenn der niederländische, schwedische und deutsche Standard zur gemeinsamen europäischen Norm wird.
Aber schon jetzt ist abzusehen, daß die Forderungen nach einer Quotierung von Flüchtlingen im grundsätzlichen politischen Streit untergehen werden. Nicht nur, weil die Union eine europäische Flüchtlingsquote auf niedrigem Niveau anstrebt, sondern weil die Flüchtlinge und Asylbewerber in den politischen Diskussionen der Vergangenheit vor allem der weltanschaulichen Selbstvergewisserung dienten. Aus linksliberaler Sicht sind all diejenigen schlecht, die behaupten, das Boot sei bereits voll. Gut ist der, der keinen Gedanken an die Grenzen der Aufnahmebereitschaft und -möglichkeiten der Gesellschaft verschwendet.
Die Flüchtlingspolitik ist eines der letzten Felder, auf denen weiterhin die ideologische Schlachten der Vergangenheit ausgefochten werden. Der Diskussion fehlt es nicht nur auf konservativer Seite an Rationalität. Daß diese gern Stimmung auf dem Rücken der Flüchtlinge macht, ist bekannt. Aber auch die Gegenseite beherrscht dieses Spiel. Wenn allein die Frage, ab wann es Bürgerkriegsflüchtlingen zuzumuten ist, zurückzukehren, tabuisiert werden soll, entmündigt man die Bürger und verspielt leichtfertig ihre Bereitschaft, auch künftig Flüchtlinge in ihrer Mitte aufzunehmen. Wird dann auch noch nach jeder – zum Teil sicherlich inhumanen – Abschiebung das Bild des häßlichen Deutschen beschworen, der federführend die Abschottung des Kontinents betreibe, hat das nur wenig mit den Realitäten in Europa zu tun. Es trägt darüber hinaus dazu bei, daß die Bundesbürger heute allem, was mit Flüchtlingen zu tun hat, ablehnender gegenüber stehen als noch vor einigen Jahren. Eberhard Seidel-Pielen
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