Das Portrait
: Der Pate des Terrors

■ Ussama Bin Laden

Die afghanische Provinzstadt Dschalalabad ist nicht gerade ein Pflaster für Milliardäre. Dennoch lebt dort in einer stacheldrahtbewehrten Zeltsiedlung einer der reichsten Männer Saudi-Arabiens: Ussama Bin Laden. Der 42jährige genießt einen Vorzug der Stadt. Sie ist seit Ende 1996 in den Händen der Taliban. Und zum Ehrenkodex der ultraislamistischen Paschtunen gehört es, jedem Gast Schutz vor Verfolgern zu bieten.

Trotzdem läßt sich Bin Laden zusätzlich von 300 bewaffneten Arabern bewachen. Mit gutem Grund: Er wird von einem halben Dutzend Geheimdiensten gejagt. In den USA ist er Staatsfeind Nummer eins. Dort werden ihm zwei Autobombenanschläge auf US-Militäreinrichtungen in den saudischen Städten Riad und Dahran zur Last gelegt, bei denen 1995 und 1996 insgesamt 31 Menschen getötet wurden.

Mit den Anschlägen von Nairobi und Daressalam sind möglicherweise zwei weitere Attentate hinzugekommen, für die Bin Laden die Verantwortung trägt. Nach den Bomben von Riad und Dahran erklärte er, dies sei nur „der Anfang des Krieges zwischen den Muslimen und den USA“. Weltweit soll Bin Laden islamistische Terrorgruppen unterstützen: Hamas, al-Dschihad und die ägyptischen Gamaa al-Islamija, die algerischen GIA und die kaschmirische Harkat ul-Ansar.

Die Saudis, die Bin Laden 1994 ausbürgerten, suchen ihn, weil er das Königshaus Saud als korrupt und unislamisch bekämpft, das Land als Kolonie der USA bezeichnet und den Abzug der US-Soldaten erzwingen will, die dort während des Golfkrieges stationiert wurden.

Dabei tut Bin Laden in der Substanz heute nichts anderes als vor zehn Jahren. Damals war er noch im Auftrag des saudischen Geheimdienstchefs Prinz Turki al- Faisal im pakistanischen Peshawar tätig, von wo aus er gemeinsam mit der CIA acht Milliarden Dollar an die afghanischen Mudschaheddin kanalisierte. Bin Laden unterhielt ein Hotel als „Durchgangslager“ für die islamistischen „Internationalisten“, die ihren afghanischen Glaubensbrüdern zur Hilfe geeilt waren. Doch nachdem die Ungläubigen besiegt waren, wendete er sich gegen seine bisherigen Geldgeber. Er habe immer gewußt, sagte er, daß „die Amerikaner die Juden in Palästina unterstützen“ und deshalb „unsere Feinde“ seien. Thomas Ruttig