: Kommunikativ wie ein Knast
Die Hamburger Messe schielt auf Erweiterungsflächen im Schanzenviertel. Das Viertel braucht Wohnungen, hält die GAL dagegen ■ Von Heike Haarhoff
Im Schanzenviertel braut sich ein neuer Konflikt um die Nutzung knapper Freiflächen zusammen. Die Hamburger Messe, die 10.000 Quadratmeter zusätzlichen Ausstellungsraum benötigt, schielt auf brachliegende Grundstücke in Sahnelage, die im Westen an das jetzige Messegelände an der Karolinenstraße angrenzen und den Hamburgischen Electricitätswerken sowie der Stadt gehören.
Konkret handelt es sich um das 7500 Quadratmeter große Filetstück neben Planten un Blomen, den Standort des stillgelegten HEW-Kraftwerks „Karoline“, das abgerissen werden soll. Möglicherweise würde zusätzlich die ebenfalls mehr als 7000 Quadratmeter große städtische Fläche zwischen Lagerstraße und S-Bahnlinie gebraucht, auf der bis vor kurzem noch eine Kart-Bahn stand. Der GAL-Bürgerschaftsabgeordnete Norbert Hackbusch hat angesichts dieser Überlegungen die Horrorvision einer „toten Messe“: Ein noch größeres Messegelände, so Hackbusch, „ist genauso kommunikativ wie ein Knast“ für das Schanzenviertel. Vielmehr brauche der Stadtteil die Flächen für Wohnungsbau oder Kommunikationszentren wie ein „Afrika-Zentrum“.
„Wir prüfen mehrere Alternativen auf ihre Durchsetzbarkeit und Finanzierbarkeit hin“, beschwichtigt Dietmar Aulich, Geschäftsführer der Hamburg Messe und Congress GmbH. Die Messe, die jährlich 1,2 Millionen Besucher empfängt und bei der 280 Festangestellte arbeiten, komme mit ihren 65.000 Quadratmetern Ausstellungsraum nicht mehr aus, „wenn man neue Themen entwickeln und alte erweitern will“. In vier bis sechs Jahren seien zusätzliche Hallen unverzichtbar. Bis zur endgültigen Standortentscheidung, die nach Angaben der zuständigen Wirtschaftsbehörde in einem dreiviertel Jahr fällt, sei aber unklar, ob die Messe überhaupt an ihrem Standort bleibe: Möglich ist auch ihre Verlagerung in den Hafen – als Auftakt für die Hafen-City.
Für die Erweiterung am Standort spricht jedoch, daß die Infrastruktur bereits vorhanden ist: Am nahen Dammtor-Bahnhof halten Fernzüge; für die Messebesucher sind es nur wenige Schritte bis ins nächste Hotel. Ferner, warnt die Wirtschaftsbehörde, „könnte die Stadt den Umzug der Messe aus eigenen Mitteln nicht finanzieren“. Und nach Auskunft der Liegenschaft als Geländeeigentümerin wird die „Kart-Bahnfläche“ so lange nicht anderweitig verplant, bis die Messe-Entscheidung steht – Aussagen, die GALier Hackbusch als Bestätigung seiner Befürchtungen wertet.
Gelassener blickt Eimsbüttels Bezirkschef Jürgen Mantell (SPD) dem Erweiterungsbegehr entgegen: „Unverträglich“ für den Stadtteil sei das Vorhaben nicht, schließlich „wohnt da keiner“, jedenfalls nicht unmittelbar auf den Grundstücken. Die Bewohner im Schanzenviertel würden „durch ein neues Sanierungsgebiet“, das rund um die Susannenstraße ausgewiesen werden soll, vor Verdrängung geschützt. Das geplante Afrika-Zentrum an der Lagerstraße sei ohnehin am Widerstand des Bezirks Mitte gescheitert. Er, Mantell, su,che „jetzt nach einer geeigneten Fläche in Eimsbüttel“.
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