Kommentar: Rechte Outsider
■ Die DVU darf in Mecklenburg-Vorpommern antreten - ihr Problem bleibt
Die DVU wird in Mecklenburg-Vorpommern, trotz Windigkeiten bei der Kandidatenaufstellung, zur Wahl antreten. So hat es der Landeswahlleiter entschieden. Ihr strukturelles Problem bleibt bestehen.
Die DVU will ein sauberes Deutschland. Frei von (bösen und schmutzigen) Ausländern, frei von historischer Schuld, frei von Kriminalität. Sie will ein heiles Deutschland, in dem Geranien und nicht Hanfpflanzen auf den Balkonen blühen, in dem Mann und Frau ihren festen, angestammten Platz in der Gesellschaft haben.
Die DVU bietet sich als kleinbürgerliches Bollwerk gegen die Unübersichtlichkeit in einer komplizierten Welt an. Doch in der Praxis bietet die DVU ein ganz anderes, desolates Bild. Wie bereits vor ihr die „Republikaner“ stellt die DVU in schöner Regelmäßigkeit Kandidaten mit kriminellen Karrieren auf und macht eher durch Parteiintrigen, Lug und Trug als durch ernst zu nehmende Politik von sich reden. Der Eklat in Mecklenburg-Vorpommern gehört noch zu den kleineren Affären. Was will man von einer Partei, deren Vorsitzender seit Jahrzehnten Hitler featured, anderes erwarten?
Der subalternen und gesellschaftlich marginalisierten Gefolgschaft der deutschen Rechtsextremen fehlt das zivilisatorische Korrektiv des Bildungsbürgertums. Verträgliche Umgangsformen, geschliffene Rhetorik und den gepflegten Subventions- und Steuerbetrug, schlicht die ganze Bandbreite bürgerlicher (Doppel-) Moral lernt man nicht in den gesellschaftlichen Randzonen.
Das wird auch so bleiben. Wer eine Karriere vor Augen hat, wird sich nicht öffentlich zu einer rechtsextremen Partei bekennen. Zu gut funktioniert hierzulande – im Gegensatz zu Frankreich, Italien und Österreich – die Ächtung und Ausgrenzung. Wer sich bei den Rechten einreiht, hat in der Regel nicht mehr viel zu verlieren. Die Folge: Das rechtsextremistische Milieu wird von problematischen Persönlichkeiten dominiert. Selbsthaß, Neid und Wut auf „die da oben“ sind dort ebenso beheimatet wie verklemmte Sexualität. Rechtsextremismus, das riecht nach abgestandenem Schweiß, Bier, Männerbund und gesellschaftlichem Absturz.
Das alles mag man mit Genugtung zur Kenntnis nehmen. Allerdings hat die deutsche Geschichte gezeigt: Entwurzelte Kleinbürger sind nicht nur gehässig, sondern auch äußerst gefährlich. Eberhard Seidel-Pielen
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