: Unnötiger Flop in Berlin
■ Werder beim 0:1 gegen Hertha: Im Ansatz nicht übel, aber vor dem Tor echt schlecht
Berlin. Die Woche der Wahrheit mit Bundesliga-Auftakt und UEFA-Quali-Finale begann für Bremens Profikicker mit einer Nullnummer. Kein Tor, kein Punkt – unterm Strich blieb nichts Zählbares. Dabei schien eine Wiederholung des 2:0-Auswärtstriumphs vom April im Olympiastadion lange Zeit möglich.
Cool und abgeklärt, mit tadellosem Stellungsspiel, Forechekking und variablem Kick nach vorn verblüffte Werder die 62.000 Zuschauer in der maroden Schüssel des Olympiastadions fast eine komplette Halbzeit lang. Der einzige grobe Patzer nach einem Sprint der Zaubermaus Wosz brachte Hertha BSC den Sieg. Verdient war der erst, nachdem die Blau-Weißen – begünstigt durch Werder-Fehlpässe in der Offensive – etliche Riesen-Konterchancen erspielten und Werder-Torwart Rost ein Debakel verhinderte.
Die Sidka-Truppe von der Weser zeigte zwei Gesichter. Vom Werder-Coach taktisch glänzend eingestellt, hatten die Bremer anfangs keine Mühe, die Hauptstadtkicker in Schach zu halten: Adrian Kunz sorgte über links im Zusammenspiel mit Bode für Druck, Roembiak und Frey trieben selbstbewußt und ballsicher das Spiel an. Wicky schaltete sich ständig ins Angriffsspiel ein, Bode rochierte variabel, so daß der Komplettausfall der Kreativabteilung kaum auffiel. Auch ohne die drei von der Reha-Station (Herzog, Maximov, Brand) hatten Wicky – er hätte nach einer Kunz-Flanke schon nach hundert Sekunden per Kopf die Führung erzielen können – Bode und Frings die klareren Chancen zur Führung.
Den Bruch lokalisierte Sidka zu recht nach etwa 35 Minuten. Nach der ersten Berliner Großchance für Thom und Tchami war bei Werder der Faden gerissen, ein abgefangener Konter brachte das 0:1, danach war das Bremer Selbstvertrauen wie weggeblasen. Selbst ein Jens Todt wagte nur noch Rückpässe, Aktivposten wie Roembiak oder Frey bauten ab und den Gegner auf.
Das Gezeigte macht eine verläßliche Prognose für die nächsten Aufgaben schwer. Soviel ist klar: Hält die Elf Sidkas Marschroute über neunzig Minuten durch, kann sie auswärts bestehen – ob nächste Woche beim zweiten UI-Cup-Finale in Novi Sad, Leverkusen oder sonstwo. Größtes Manko bislang ist die Chancenverwertung, die Sorgen um das Reha-Trio im Krankenlager hat das Sturmproblem bis jetzt nur überlagert.
Ob das Werder-Mittelfeld die Ausfälle verkraftet, wenn es in Heimspielen selbst das Spiel gestalten muß, bleibt abzuwarten. Bleiben am Freitagabend unter Flutlicht die stürmisch erwarteten Angriffswellen auch gegen Aufsteiger 1.FC Nürnberg aus und entpuppt sich der Sturm wie in Berlin wieder als laues Lüftchen, dann hat die Truppe von der Weser ein echtes Problem. Peter Oldenburger
Der Autor lebt als Journalist in Berlin. Als gebürtiger Bremer und langjähriger Werder-Fan hat er die Auf's und Ab's des hiesigen Fußballclubs auch in der Fremde stets mitfühlend begleitet.
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