: Schwer verdaulich
■ betr.: „Mehr Wagner wagen“ von Manfred Otzelberger, taz vom 12. 8. 98
Daß das Wagnis eines sechstägigen Symposiums in Bayreuth sich in Grenzen hielt (schließlich sollte der Festspielleiter sich wohlfühlen), dürfte manchem Teilnehmer Bauchschmerzen verursacht haben, denn man war hinterher „so schlau wie vorher“, wie Ignatz Bubis bemerkte. Alles für'n Arsch also? Nicht ganz, denn immerhin hat Peter Gay ein wichtiges Detail herausgearbeitet: „Wagners obsessiver Judenhaß kann auch daran gelegen haben, daß er schlechte Verdauung hatte...“
Wer auf der Ebene denkt und zufällig David Irvings Buch „Die geheimen Tagebücher des Dr. Morell – Leibarzt Adolf Hitlers“ (bei Goldmann erschienen) gelesen hat, kann auch Hitlers Judenhaß mit Verdauungsstörungen begründen. Bei beiden waren es also ganz menschliche Ursachen, so schrieb denn auch Kujau in den „Hitler- Tagebüchern“ von „Blähungen im Darmbereich“, die den Führer quälten. Bei Kujau bewundere ich die Dreistigkeit, mit der er das dem Stern verkauft hat; allerdings fehlt mir jegliches Verständnis dafür, wenn so ein Scheiß in einer Debatte über „Wagner und die Juden“ ernsthaft diskutiert wird. Für die Feststellung, daß ein Vegetarier auch Verdauungsstörungen hat, braucht es nicht viel Phantasie; aber damit einen eleminatorischen Antisemitismus zu begründen, dazu bedarf es einer ganz perversen Phantasie. Helga Iban, Köln
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen