: BHV wird zum Renegaten
■ Magistrat stimmt Forderung nach einem eigenen BHV-Nummernschild zu / Jetzt müßte der Verkehrssenator den Vorschlag in Bonn vorstellen / Schluß mit lustig?
BHV. Bremerhaven macht ernst. Gestern wurde ein wichtiger Schritt auf dem Weg hin zum eigenen Auto-Kennzeichen „BHV“ gemacht. Einstimmig und ohne Debatte stimmte der CDU-dominierte Bremerhavener Magistrat für den Vorschlag von FDP-Oberbürgermeister Manfred Richter. Richter hatte vor sechs Tagen einen entsprechenden Vorstoß gewagt, da ein eigenes Kennzeichen wesentlich dazu beitrage, „die Identität der Stadt stärker zu betonen“. Außerdem stehe in ganz Deutschland das Nummernschild für kreisfreie Städte und Landkreise – nirgends aber für ein ganzes Bundesland. Mit dem BHV oder einer anderen Buchstabenkombination wolle sich die Seestadt aber keineswegs von den Bremern abgrenzen – „selbstverständlich sind und bleiben wir treue Bürger unseres Bundeslandes“, so Richter.
Jetzt muß die Stadtverordnetenversammlung der Seestadt über die Forderung beraten. Doch eine Annahme am 17. September gilt als sicher. Denn zusammen verfügen die Parteien CDU und AfB (Arbeit für Bremerhaven) über eine ausreichende Stimmenzahl. Damit hat der Bremer Verkehrssenator Bernt Schulte (CDU) ein echtes Problem an der Backe: Wie den Abtrünnigen ihre fixe Idee ausreden? Wie sich davor drücken, dem Verkehrsminister die Sache zur Prüfung vorlegen zu müssen? Noch schmunzeln die Menschen, die nach ihrer Meinung gefragt werden – noch.
Der Sprecher des Verkehrssenators, Hartmut Spiesecke, bleibt trotzdem gelassen. Nach der Frage, was jetzt geschehe, wird es still. Ganz lange. „Wir prüfen das sorgfältig“, ist schließlich die professionelle Antwort. Wie lange das dauern kann? „Eine Weile schon.“ Negativ werde die Sache nicht gesehen, aber „in Ruhe“ werde sich das Ressort jetzt eine Meinung über Organisation und Kostenfragen bilden. „Antragsteller ist letztendlich der Senat.“ In Bremerhaven geht man übrigens davon aus, daß der Vorschlag nichts kostet.
Falls Schulte den Antrag dann tatsächlich beim Verkehrsminister in Bonn einreicht, lägen die Chancen „bei 100 Prozent“, daß dem Begehren stattgegeben werde, so der Bonner Ministeriumssprecher Franz-Josef Schneiders. „Es gibt keinen Fall, in dem wir nicht zugestimmt haben.“ Lediglich zwei Dinge müssen die Bonner prüfen. Erstens: Gibt es das Kennzeichen bereits? Zweitens: Entstehen durch die Buchstabenwahl Verfänglichkeiten? Das „B“ können sich die Bremerhavener also jetzt ebenso endgültig abschminken wie die Bayerischen Sexauer das naheliegendste Kürzel. Lange prüfen würde das Ministerium nicht: „Bei uns geht das ganz, ganz schnell“, so Schneiders bedrohlich.
Einen Haken hat die Sache allerdings doch noch. Denn neben dem Verkehrsministerium müßte der Bundesrat zustimmen. Für die Nummernschild-Änderung muß nämlich die Straßenverkehrszulassungsordnung (uff) ergänzt werden. Bundesratsvertreter Henning Scherf hat aber jüngst erklärt, das Kennzeichen HB „habe sich bewährt“. Und: „Symbole sind nicht wichtiger als Entscheidungen für Bremerhaven, die der Senat getroffen hat.“ Sollte er im Bundesrat, kommt alles hart auf hart, gegen die Bremerhavener stimmen? Während die anderen Länder wie immer ein neues Kennzeichen absegnen? In der Pressestelle des Bundesrates kann sich jedenfalls niemand daran erinnern, daß der Rat ein Nummernschild-Ansinnen jemals vereitelt hat. Bekommen die 61.000 Autos in BHV ihr eigenes Zeichen? Wagt der Pfeffersack-Senat, der Entfaltung des Seestadt-Selbstwertgefühls im Weg zu stehen? Fragen über Fragen. Es bleibt spannend. Christoph Dowe
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