: Der Betonpiste steht nur noch wenig im Weg
Die Frist für Einwände gegen die geplante Teltowkanal-Autobahn läuft am 17. September ab. Den Gegnern der A113 (neu) fehlen die Kläger. Auch der Stadtring soll bis 2007 bis zum Ostkreuz verlängert werden ■ Von Jutta Wagemann
Noch ist die Idylle aus Schrebergärtenkolonien und verwildertem ehemaligem Grenzstreifen am Teltowkanal unberührt, doch schon in ein paar Jahren könnte dort auf sechs Spuren der Verkehr durchrauschen: Die Frist für Einwände gegen das Planfeststellungsverfahren zur A113 (neu), der Teltowkanal-Autobahn, und zur Fortsetzung des Stadtrings A100 nach Osten läuft am 17. September ab. Ende des Jahres sollen die Einwände erörtert werden, anschließend folgt der Feststellungsbeschluß für diesen 15. Bauabschnitt.
Dem Bau der umstrittenen Autobahn steht damit nicht mehr viel im Weg. Die Bürgerinitiative „Bürger gegen Autobahnen Neukölln–Treptow Aktions-Gemeinschaft“ (Bant) rührt zur Zeit die Werbetrommel, damit möglichst viele Straßengegner Einwände gegen den Bau erheben. Denn das ist die Voraussetzung für anschließende Klagen gegen den Feststellungsbeschluß vor dem Bundesverwaltungsgericht. Sehr erfolgreich war die Bant bislang allerdings nicht. „Wir finden keine Kläger“, berichtet Elfriede Menzel enttäuscht. Die Vorsitzende der Bürgerinitiative Stadtring-Süd/Interessengemeinschaft Teltowkanal (Biss/IGT), die die Arbeit der Bant koordiniert, mußte die Erfahrung machen, daß sich nur unmittelbar betroffene Bürger gegen den Autobahnbau engagieren; solche, die ihre Häuser räumen mußten oder ihren Schrebergarten verlegen müssen. „Dabei betrifft das doch alle“, sagt sie mit Nachdruck. Schließlich werde das gesamte Gebiet zwischen Rudower Straße und Grünauer Straße/Adlergestell durchschnitten.
Die Verbände selbst sind nicht klageberechtigt, da es sich bei der A113 (neu) um eine vom Bund finanzierte Straße handelt, erläutert Felix Beutler vom Arbeitskreis Verkehr des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND). Sie sind auf Einwände und Klagen von Privatpersonen angewiesen.
Der Bau der A113 (neu), die als Anschluß an die Autobahn nach Dresden gedacht ist, ist als Tunnel bereits vom Autobahnkreuz Tempelhof bis zur Buschkrugallee (B179) vorgedrungen. Dort beginnt der Bauabschnitt, für den jetzt das Planfeststellungsverfahren läuft. Von der Buschkrugallee soll die Autobahn nördlich des Britzer Hafens an der Grenzallee entlang führen, wo sie nach Südosten abknickt. Am östlichen Ufer des Teltowkanals entlang geht sie dann bis Rudow. Bei Altglienicke biegt sie nach Süden ab bis zum Flughafen Schönefeld, insgesamt 10 Kilometer. Davon gehen 1,2 Kilometer durch zwei Tunnel an der „Rudower Höhe“ und in Altglienicke.
Im Planfeststellungsverfahren wird gleichzeitig über die Verlängerung des Stadtrings A100 nach Osten entschieden. Diese „Nordosttangente“ soll von Neukölln zum Ostkreuz führen. Die Kosten, die der Bund trägt, belaufen sich für den gesamten Bauabschnitt auf 915 Millionen Mark. Für den Grunderwerb muß der Bund noch mal 250 Millionen Mark ausgeben. Im Jahr 2007 soll die Autobahn fertig sein. Mit 140.000 Fahrzeugen täglich wird gerechnet.
Es gibt nur wenige Schwachstellen in der Planung, wo die Gegner den Hebel ansetzen könnten, um den Bau zu stoppen. Hoffnung setzen sie vor allem auf die Verkleinerung der Wasserschutzzone beim Wasserwerk Johannisthal. Sie wird 60 Meter vom Ufer des Teltowkanals zurückverlegt, sieben Brunnen werden zugeschüttet. Für die Änderung hat die Verkehrsverwaltung bereits das Plazet der Wasserbehörde. Die Bant kritisiert, daß die rechtliche Verordnung erst 1999 erlassen werden soll und nicht schon jetzt zum Planfeststellungsverfahren. Peter Schirmer, Abteilungsleiter Wasser und Boden in der Umweltverwaltung, sieht aber keine Probleme, da alle Beteiligten einverstanden seien.
Die A113 (neu) wird nach Ansicht der Bant auch drastische Folgen für das Stadtklima haben. Der breite Grünstreifen entlang dem Teltowkanal sei eine Frischluftschneise. Künftig wirbelten dann mit der Luft die Abgaspartikel der Autos in die Innenstadt, ist Siegfried Menzel von der Biss/IGT überzeugt. Verschärft werde das Problem, weil neben der A113 (neu) weitere Straßen gebaut würden. Die „Südostverbindung“ soll die vierspurige Verlängerung der Blaschkoallee und Baumschulenstraße nach Osten über die Spree werden. Dazu kommt noch die „Teltowkanalufer-Begleitstraße“, ein Autobahnzubringer für 80 Millionen Mark, dessen Bau bereits begonnen hat. Als dritte zusätzliche Straße ist die „Osttangente“ von Köpenick nach Adlershof geplant. Die Kosten für diese Straßen muß das Land tragen. Allein auf der Strecke des 15. Bauabschnittes fallen für Berlin 21 Millionen Mark an, wie der Referatsleiter Verkehrswegebau in der Verkehrsverwaltung, Detlef Berlitz, mitteilte.
In den Augen der Bürgerinitiative steht und fällt die A113 (neu) zudem mit dem Ausbau des Flughafens Schönefeld. Das Gerangel um dessen Investoren machte den Autobahnkritikern Hoffnung. Die zerschlägt die Verkehrsverwaltung jedoch sofort. Die Planung für die Autobahn habe es schon vor der Idee des Flughafenausbaus gegeben, korrigiert Georg Müller, Leiter des Referats Verkehrsentwicklungsplanung, die Hoffnung der Biss/IGT. Mit der A113 wolle man bestehende Straßen entlasten, unabhängig vom Flughafen. In der Prognose für das Fahrzeugaufkommen – das den sechsspurigen Ausbau rechtfertigen soll – ist der Verkehr zum Flughafen jedoch berücksichtigt, erläuterte Berlitz.
Eine realistische Chance, den Autobahnbau noch zu stoppen, sehen inzwischen weder der BUND noch Bündnis 90/Die Grünen. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Burkhard Müller-Schoenau hofft, daß ein Regierungswechsel in Bund und Land vielleicht das Blatt wenden könnte. „Schröders Finanzierungsvorbehalt sollte auch für Autobahnprojekte gelten“, sagte Müller-Schoenau – mit Schmunzeln. Denn weder er noch Felix Beutler vom BUND glaubt ernsthaft daran, daß ausgerechnet der Automann Gerhard Schröder den Bau stoppen würde.
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