: Briefträger sind keine Wahlhelfer
„Mutig gegen Fremdenfeindlichkeit“: ZustellerInnen wollen sich weigern, Postwurfsendungen rechter Parteien auszutragen ■ Von Elke Spanner
Als „WahlhelferInnen“ für rechtsextreme Parteien wollen sich Hamburgs BriefträgerInnen nicht mißbrauchen lassen. Die Regionalverwaltung der Deutschen Postgewerkschaft (DPG) kündigte daher gestern an, daß etliche ZustellerInnen sich weigern werden, die braune Kost auszutragen, sollte etwa die DVU im nun anstehenden Bundestagswahlkampf Postwurfsendungen verschicken.
Bernhard Stietz-Leipnitz, der 2. Vorsitzende der DPG, freut sich, daß die BriefträgerInnen damit „mutig gegen Fremdenfeindlichkeit“ kämpfen wollen – wofür sie eigentlich den Segen des Bundesvorstandes der Deutschen Post AG haben müßten. Der klebte zusammen mit der DPG vor rund zwei Wochen eine „Erklärung gegen Ausländerhaß und Fremdenfeindlichkeit“ an die schwarzen Bretter sämtlicher Postbetriebe. Darin fordert der Vorstand die MitarbeiterInnen auf: „Treten Sie Fremdenhaß, Ausländerfeindlichekeit und Diskriminierung von Minderheiten eindeutig entgegen!“
Trotzdem fürchtet die DPG, daß mit arbeitsrechtlichen Sanktionen zu rechnen hat, wer sich diesen Appell wirklich zu Herzen nimmt. Denn bislang habe der Vorstand der Post jeglichen Versuch, die rechte Wahlwerbung zu verhindern, blockiert. „Auf den Profit will die Post nicht verzichten“, bedauert Stietz-Leipnitz.
Er sieht zwei Wege, wie den ZustellerInnen das Austragen rechter Post erspart werden könnte. Zum einen, indem die Post Wahlwurf-sendungen in ihren Geschäftsbedingungen ausschließt. Zum anderen muß der Bundestag wegen des neuen Postgesetzes ohnehin noch in einer Verordnung festschreiben, welche Dienstleistungen die Post AG erbringen muß. Hier könnte der Transport von Wahlwerbesendungen ausgeschlossen werden. Hamburg könnte über den Bundesrat entsprechenden Einfluß nehmen. Um die Stadt dazu zu ermuntern, hat der Betriebsrat des Briefzentrums eine Resolution verabschiedet und an Bürgermeister Ortwin Runde (SPD), Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD), die SPD-Landesorganisation und die Bürgerschaft geschickt.
Bisher kann man nur individuell die Weitergabe persönlicher Daten an Parteien durch das Einwohnermeldeamt sperren lassen. Für die Bundestagswahl ist die Frist allerdings bereits abgelaufen. Möglich ist es, den Briefkasten mit einem Aufkleber wie „keine Werbung“ oder „keine rechtsradikale Post“ zu versehen. Dann, so Stietz-Leipnitz, müßten die BriefträgerInnen den Brief nicht einwerfen – und hätten keine Sanktionen zu fürchten.
Daß der DVU-Vorsitzende bereits die erste Postwurfsendung plant, ist dem Gesamtbetriebsrat der Post AG zu Ohren gekommen. BriefträgerInnen sollen seine rechten Pamphlete in den neuen Bundesländern verteilen – 13,8 Millionen Exemplare.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen