: Rauschen im Radio-Dschungel
■ Radio-Bremen-Bewerbung um Teilhaberschaft an Privatsender-Lizenz stößt auf wenig Gegenliebe
Die Radio-Bremen-Bewerbung als Teilhaber an einer privaten Rundfunklizenz stößt weiter auf Ablehnung. Nach der harschen Kritik der CDU haben sich jetzt auch Konkurrenten zu Wort gemeldet. Bernt von zur Mühlen, Verantwortlicher bei RTL, hält die Bewerbung für „nicht nachvollziehbar“.
„Wir haben in Nordrhein-Westfalen, wo der WDR an dem Privatsender Radio NRW beteiligt ist, gesehen, daß dies nicht empfehlenswert ist“, sagt von zur Mühlen weiter. „Der öffentlich-rechtliche Sender kann stets in die strategische Kochnische des privaten Konkurrenten schauen und Gegenstrategien entwickeln.“ Der gleichen Ansicht ist auch Hans-Jürgen Wenske. Er ist Geschäftsführer bei der Weserwelle, die das Vorprodukt für den künftigen Vollsender – Radio 107.1 – seit zwei Jahren aufgebaut hat. „Eine öffentlich-rechtliche und private Kooperation paßt einfach nicht zusammen.“ Auch Wenske sieht darum keinerlei Vorteile durch Radio Bremen.
Dort hält man sich zur Zeit relativ bedeckt, was die Bewerbung angeht. Sprecher Michael Glöckner wollte sich weder zu einem angeblichen Wettbewerbsvorteil noch – angesichts der verkrampften RB-Finanzzukunft – zu erwartenden Schulden des Privatsenders in den Anfangsjahren äußern. Zudem stehe in keiner Weise fest, daß die Bewerbung von Radio Bremen erfolgreich sei. Wie berichtet, gibt es insgesamt noch 22 Mitbewerber.
Branchenkenner schätzen die jährliche Verschuldung eines Senders mit Vollprogramm dieser Größe in den ersten drei bis fünf Jahren auf etwa vier Millionen Mark. „Diese Investition dürfte sich aber rentieren“, sagt von zur Mühlen von RTL. Der gesamte Werbekuchen, der in Bremen zu vergeben ist, liegt jährlich bei etwa 25 bis 30 Millionen Mark. „Bei einem realistischen Höreranteil von 15 bis 18 Prozent ist ein Radiosender mit Vollizenz in Bremen ein kleines aber solides Projekt“, begründet er das RTL-Engagement.
Wirtschaftliche Gründe führt auch das Bewerberduett Werder Bremen und AVE Hörfunkbeteiligungen an. Franz Böhmert, Präsident der Grün-Weißen, sagte, dies sei auf der einen Seite als Werbemaßnahme für Werder Bremen zu betrachten. Auf der anderen Seite sei der Verein seit geraumer Zeit dabei, andere Geschäftsfelder zu erschließen. Bisher ist Werder Bremen an einem Wachschutz- und einem Reinigungsunternehmen beteiligt. Zudem betreibt man unter anderem mehrere Therapiezentren im sportmedizinischen Bereich. Hilmar von Poser, Geschäftsführer von AVE, führt ähnliche Gründe an. Einen Interessenskonflikt, weil AVE auch am Konkurrenzsender Antenne beteiligt ist, sieht er nicht. Dort sei man Minderheitsgesellschafter. Das ist richtig, wenngleich AVE einer der größten Teilhaber ist. Auch redaktionelle Einflüsse auf die Fußball-Berichterstattung weist das Duo von sich.
Entgegen den Äußerungen fast aller Mitbewerber, schielt die Bremische Evangelische Kirche (BEK) nicht vorrangig auf wirtschaftliche Vorteile. „Wir möchten als gesellschaftliche Gruppe repräsentiert sein“, so BEK-Sprecherin Sabine Hatscher. In dieser Hinsicht wolle man auch im Programm vertreten sein. Große Beteiligungen in Millionenhöhe könne sich die Bremische Evangelische Kirche aber nicht leisten. Dies sei daher nicht angestrebt. Jens Tittmann
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