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Ende der Schlacht um Kinshasa

Die Jagd auf Kabilas Feinde in der Hauptstadt des Kongo geht zu Ende. Die Stadtverwaltung räumt Leichen weg, die Rebellen ziehen sich aus der Region zurück  ■ Von Dominic Johnson

Zu Zehntausenden sind am Wochenende die Bewohner der östlichen Stadtviertel von Kinshasa in ihre Häuser zurückgekehrt. Damit nimmt eine mehrtägige Massenflucht ihr Ende und vorerst auch eine mehrtägige Jagd auf sogenannte Rebellen, wobei der Osten der Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo mit brutalsten Mitteln vom „infiltrierten“ Feind gesäubert wurde: Luftangriffe auf zivile Einrichtungen, Hinrichtungen auf offener Straße, Verbrennen bei lebendigem Leibe, unter durch Umhängen eines brennenden Autoreifens um den Hals.

Wieviele Menschen haben bei der „Säuberung“ Kinshasas ihr Leben verloren? 8.000 Rebellenkämpfer gab es im Westen des Kongo insgesamt, nach Angaben der Regierung. Die Hälfte davon soll außerhalb der Stadt gefangengenommen oder getötet worden sein. Bleiben 4.000, was andere Quellen auch als Zahl der gesuchten „Infiltrierer“ in Kinshasa angeben. 1.000 davon haben die Behörden als Gefangene gemeldet – ansonsten soll jetzt keiner mehr übrig sein. Fehlen also 3.000, wenn das Morden sich tatsächlich einzig und allein gegen Rebellen gerichtet hat und nicht noch gegen andere tatsächliche oder vermeintliche Regierungsgegner.

Armeechef Joseph Kabila hat jetzt seine Soldaten aufgefordert, keine Selbstjustiz mehr auszuüben. Die Stadtverwaltung räumt verkohlte Leichen von den Straßen. „Die Soldaten feiern mit Freudenschüssen das, was sie für einen Sieg über den Feind halten“, berichtete der Korrespondent des kirchlichen Informationsdienstes „peace link“ am Samstag abend aus Kinshasa. „Aber es wäre naiv zu glauben, daß in Kinshasa wieder Ruhe eingekehrt ist.“ Noch gestern früh wurden aus Teilen der Stadt Schußwechsel mit automatischen Gewehren gemeldet. Kongolesische, angolanische und simbabwische Soldaten gehen weiterhin von Tür zu Tür, um die letzten Gegner aufzuspüren.

Das Regime Kabila scheint zwar gerettet. Den kompletten Sieg im Westen des Kongo wird Kinshasa aber erst dann feiern, wenn die Stromversorgung wiederhergestellt ist. Wichtigster Schritt dazu: Gestern gaben die Rebellen ihre letzten Stützpunkte in diesem Landesteil auf, nämlich die Hafenstadt Matadi und den Staudamm von Inga, von wo aus Kinshasa und auch Brazzaville ihre Elektrizität beziehen. Kampflos zogen Truppen aus Angola in Inga und Matadi ein, nachdem zwei Tage lang die friedliche Übergabe der beiden Orte ausgehandelt worden war.

In Inga waren Diplomaten zufolge 150 bis 200 Soldaten aus Uganda stationiert gewesen, die jetzt unbehelligt abziehen durften. Denn ein Kampf um den Staudamm hätte eine ökologische Katastrophe bedeutet. Vielfach hatten Beobachter befürchtet, bei einem Angriff des Gegners könnten die Rebellen den Damm in einem Akt der Verzweiflung in die Luft sprengen.

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