: Wahlkampfgebell statt Gastfreundschaft
■ Schönbohm will bis zum Jahresende 5.000 Bosnier loswerden. Keine Massenabschiebungen
Mit markigen Worten über bosnische Flüchtlinge hat Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) mal wieder für Wirbel gesorgt. Er hoffe, daß am Ende des Jahres nur noch 15.000 bis 16.000 Bürgerkriegsflüchtlinge aus Bosnien in Berlin leben, sagte der Innensenator auf einer CDU-Wahlveranstaltung und kündigte weitere Abschiebungen an. „Maßvoll und unbemerkt“, wie die SPD gefordert habe, gehe dies nicht: „Die Zeit der Gastfreundschaft geht zu Ende“, sagte Schönbohm nach einem Zeitungsbericht.
Zur Zeit leben noch etwa 19.000 bosnische Flüchtlinge in der Stadt. Die meisten von ihnen kommen aus der Republik Srpska, bei einer Rückkehr dorthin würden sie einer ethnischen Minderheit angehören. Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) lehnt ihre Abschiebung ab. Die Ausländerbeauftragte des Senats, Barbara John, schätzt, daß etwa 2.000 Bürgerkriegsflüchtlinge bis zum Jahresende Rückkehrprogramme in Anspruch nehmen werden. „Wenn wir mehr solcher Programme hätten, könnte man mehr erreichen“, so John, „aber diese Programme haben wir nicht.“ Wie der Innensenator die verbleibenden 1.000 bis 2.000 Flüchtlinge aus Berlin loswerden will, ließ er offen. Nach Angaben seiner Sprecherin sind keine weiteren Massenabschiebungen wie im Juli geplant. Flüchtlingsberaterin Elisabeth Reese ist da skeptisch. In verschiedenen Beratungsstellen seien etwa 60 Fälle bekannt, in denen Duldungen nur noch für einen Monat verlängert wurden, berichtet sie. „So werden Abschiebungen vorbereitet.“ Für den innenpolitischen Sprecher der Bündnisgrünen, Wolfgang Wieland, sind Schönbohms Worte „Wahlkampfgebell“, dem bis zur Bundestagswahl keine Taten folgen werden. Das habe Schönbohm im Innenausschuß „quasi zugesagt“. sam
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen