Streit um Mauer wird unterirdisch

Auseinandersetzungen um die Mauerreste am Potsdamer Platz gehen weiter: Gerichtsbeschluß erlaubt Abrißarbeiten an Toilettenhäuschen bis zu endgültiger Entscheidung  ■ Von Barbara Bollwahn

Erst die Mauerreste, nun das Toilettenhäuschen. Die Auseinandersetzungen zwischen dem Krefelder Kaufmann Erich Stanke, der die Mauerreste und das Inventar des ehemaligen Grenzübergangs am Potsdamer Platz als sein Eigentum betrachtet, und dem Land Berlin nehmen kein Ende. Nachdem die Bauverwaltung die für den Jahrestag des Mauerbaus geplante Umsetzung der Mauersegmente in der Nähe der Infobox verschoben (die taz berichtete) und Stanke dann eine einstweilige Verfügung erwirkt hatte, gibt es nun Zoff um ein altes unterirdisches Toilettenhäuschen auf dem Areal.

Am Mittwoch hatte eine vom Senat beauftragte Baufirma trotz der einstweiligen Verfügung, die den Abriß sowohl der Mauersegmente als auch der Toilette untersagt, ihre Arbeit aufgenommen. Die Polizei verwies die Baufirma kurzerhand vom Platz, denn das Gericht sollte erst gestern über den Antrag der Bauverwaltung befinden, die Verfügung wiederaufzuheben. Weil Zeit Geld ist – der Baustopp kostet etwa 150.000 Mark im Monat – und weil das Land Berlin anstelle der seit Jahren geschlossenen Toilette eine neue WC-Anlage errichten will, hatte die Bauverwaltung eigenmächtig angefangen.

Ein Rechtsanwalt der Senatsverwaltung hatte bereits am Vortag vollmundig getönt, daß man von einem Sieg bei Gericht ausgehe. In der Tat erging gestern ein richterlicher Beschluß, der die Abrißarbeiten an dem Toilettenhäuschen zuläßt – zumindest bis zur Entscheidung über die einstweilige Verfügung am 10. September. Grundlage des gestrigen Beschlusses sind die strittigen Nutzungsrechte. Während der 39jährige Stanke ins Feld führt, daß er diese von der BSR bekommen habe, kam der Richter zu dem Schluß, daß die BSR nicht befugt war, Nutzungsrechte auszusprechen, weil der Grenzstreifen nach der Wiedervereinigung mit allem, was darauf stand, Bundesbesitz geworden sei. Die Bauverwaltung muß jedoch 10.000 Mark für eventuelle Schadensansprüche hinterlegen.

Stanke dagegen beharrt weiterhin darauf, daß ihm der Mauerstreifen samt Inventar vom letzten DDR-Grenzer-Chef geschenkt wurde. Sein Anwalt hat gestern Beschwerde gegen den richterlichen Beschluß eingelegt, weil Stanke nicht gehört worden sei. Die voreiligen Bauarbeiten erklärte die Pressesprecherin der Bauverwaltung, Petra Reetz, gestern für völlig korrekt: „Das waren nur bauvorbereitende Maßnahmen, die mit der einstweiligen Verfügung nichts zu tun haben.“