: Die neue Kultur der Selbständigkeit
Die Länder Berlin und Brandenburg laden zu den 1. bundesweiten Deutschen ExistenzGründer-Tagen. Rund 100 Aussteller und 35 Seminare wollen Motivation und Risikobereitschaft junger Unternehmer fördern ■ Von Kirsten Niemann
Ab diesem Wochenende soll Berlin ein Treffpunkt für Existenzgründer in ganz Deutschland werden. Das ist zumindest das Ziel, das sich das ExistenzGründer-Institut Berlin e.V., mit seiner diesjährigen Veranstaltung der ExistenzGründer-Tage gesteckt hat.
Erstmals in diesem Jahr wird sich das Programm des Informations- und Kontaktforums, das übrigens bereits vor vierzehn Jahren von Wirtschaftssenator Elmar Pieroth gegründet wurde, nicht allein auf die Wirtschaftsregionen Berlin und Brandenburg beschränken: Angesprochen sind alle Jungunternehmer aus 16 Bundesländern zwischen Kiel, München, Dresden und Osnabrück. Neu ist auch der Austragungsort der Messe: Fanden die Veranstaltungen in den vergangenen Jahren noch auf dem Gelände der Technischen Universität statt, zogen die Organisatoren jetzt ins Siemensforum am Rohrdamm.
Mit 35 Seminaren, Diskussionen und Symposien zu Themenkomplexen wie Marketing, Finanzierung, Recht und Steuern berät und motiviert die Veranstaltung alle Gründerinnen, Gründer und all jene, die es einmal werden wollen. Junge Unternehmer gelten unter Politikern nicht nur als Vorbild und Motor für mehr Existenzgründungen bundesweit. Elmar Pieroth: „Wer könnte die jungen Menschen besser überzeugen, selbständig zu werden, als junge Unternehmer?“ Vor allem gilt: Junge Unternehmen schaffen auch neue Arbeitsplätze.
„Wenn ihr schon dem System nicht mehr traut, dann traut euch doch wenigstens selbst etwas zu!“ So appellierte Roman Herzog im April vergangenen Jahres an den Mut und Unternehmergeist deer jüngeren Generation. Zumindest in Berlin scheint seine Rede gefruchtet zu haben: Mit den rund 7.000 Existenzneugründungen, die die Berliner Industrie- und Handelskammer im vergangenen Jahr gezählt hat, liegt Berlin bundesweit an der Spitze. Etwa 550 Förderanträge mit einem Finanzvolumen von 128 Millionen Mark wurden von der Deutschen Ausgleichsbank bewilligt.
Als besonders vielversprechend gelten derzeit Gründungen mit eher geringem Investitionsbedarf wie die verschiedenen Bereiche rund um die Informatik, Internet- Dienste und andere Dienstleistungen. Das vermutet zumindest Robert Poggemann, beratender Mitarbeiter des Berliner ExistenzGründer-Instituts.
Hier bemüht man sich vor allem darum, Hochschulabsolventen, Studenten und Mitarbeiter aus verschiedenen Forschungsbereichen für ein Leben in der Selbstständigkeit zu gewinnen. Zwar wursteln schon einige Studenten nebenbei an irgendwelchen Ideen – sie entwickeln Web-Sites oder organisieren Öko-Reisen –, doch die Quote gemeldeter Unternehmer ist unter den Studis mit bestenfalls zehn Prozent eher gering. „Jungunternehmer, die aus der Privatwirtschaft oder dem Handwerk kommen, haben meist schon Erfahrungen im Umgang mit der freien Wirtschaft“, stellte Poggemann fest. Selbst deren Erziehung zielte oft schon auf eine selbständige Tätigkeit ab. Hochschulabsolventen – in aller Regel wenig unternehmerisch vorgebildet – tun sich als Unternehmer eher schwer. Viele sähen ein: „Nicht alles, was im Studium vermittelt wurde, läßt sich auf dem Markt umsetzen.“
Als nicht nur vorbildlich, sondern auch überaus innovativ gelten hingegen die Projekte von Günter Faltin, Professor für Wirtschaftsökonomie an der FU. Nicht nur die Projektwerkstatt der Teekampagne war erfolgreich, auch sein jüngstes Kind schafft Umsätze: die Verarbeitung von Wasserhyazinthen zu Rohrmöbeln. Poggemann: „Die Idee für ein Unternehmen ist eben immer noch das größte Kapital.“
Der Ansturm auf die ExistenzGründer-Tage ist enorm: Über 100 Aussteller haben ihr Kommen angekündigt. Insgesamt rechnet man mit etwa 4.000 Besuchern, darunter diverse Banken, Unternehmerverbände und Gründerzentren.
Eröffnung: Samstag, 10 Uhr. Siemensforum, Rohrdamm 85, 13629 Berlin, großer Kinosaal.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen