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Komplizierte Partnerschaft

■ Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu macht der türkischen Regierung einen Antrag

Istanbul (taz) – „Das erste Ziel der israelisch-türkischen Beziehungen ist mehr Stabilität in der Region.“ Im Interview mit der Zeitung Turkish Daily News hat Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gestern dargestellt, warum sein Land ein überragendes Interesse an besonderen Beziehungen zur Türkei hat. Die beiden Länder, so Netanjahu, seien die einzigen Demokratien in der Region und die Türkei das einzige islamische Land, das sich für die Moderne entschieden habe. „Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts leben wir in einer sehr unsicheren Welt. Nur sensible Arrangements und Absprachen, wie regionale Sicherheitspartnerschaften, können Stabilität aufbauen, wo Instabilität vorherrscht.“

Netanjahu reagierte auf eine „Klarstellung“ des türkischen Botschafters in Israel, Barlaș Özener, der frühere Äußerungen Netanjahus zum israelisch-türkischen Verhältnis kritisiert hatte. Özener hatte gegenüber der israelischen Zeitung Haaretz gesagt, „ein regionales Verteidigungsbündnis“ zwischen beiden Ländern könne es nicht geben, solange Israel keine Friedensverträge mit seinen arabischen Nachbarn geschlossen habe.

Die Erklärung des türkischen Botschafters fiel zu einer Zeit, in der die Beziehungen zwischen beiden Ländern so gut wie nie sind. Am Sonntag wird der türkische Ministerpräsident Mesut Yilmaz mit großem Gefolge aus Industrie und Wirtschaft nach Israel reisen. Nach dem Ausbau der militärischen Beziehungen sollen nun die Wirtschaftskontakte weiter intensiviert werden. Auch an politischer Symbolik wird es nicht fehlen. Im kommenden Monat feiert die Türkei das 75jährige Bestehen der Republik – mit Israels Präsident Eser Weizman als Ehrengast.

Obwohl die türkische Regierung, wie jetzt durch ihren Botschafter, ihre Beziehungen zu Israel aus Rücksicht auf die arabischen Nachbarn öffentlich herunterspielt, wird, spätestens seit der Abfuhr auf dem EU-Gipfel in Luxemburg, das Dreieck Israel-USA- Türkei für Regierung und Militär in Ankara zum wichtigsten außenpolitischen Bezugspunkt. Nicht zuletzt, um das Ziel einer Mitgliedschaft in der EU doch noch zu erreichen. Außer den USA ist auch Netanjahu ein wichtiger Lobbyist für die Türkei in Brüssel geworden. Seit Monaten, so erklärte er gegenüber Daily News, versuche er den europäischen Politikern klarzumachen, daß für Europa eines der ersten außenpolitischen Ziele sein müsse, „die Türkei in ihrem Kampf gegen diejenigen zu unterstützen, die versuchen, das Land aus dem Kreis des westlichen Pluralismus und der demokratischen Entwicklung herauszudrängen“. Jürgen Gottschlich

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