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Still ein bißchen alive

■ „Universal Congress of“ im Lagerhaus

Wer in den 80ern bei Sartre und Boris Vian von der sprengenden Kraft des Jazz las, aber in der Miles Davies-Platte von Mama und Papa nicht finden konnte, stieß früher oder später auf den „Universal Congress of“. Die Vertreter dieser etwas anderen, gewalttätigeren Art von Fusion schlüpften unter beim SST-Label, das sonst eher kratzige Haudraufmusik wie „Minutemen“ und Henry Rollins beheimatete. Im Lagerhaus zogen nun zwei Spaltpilze der Jazzcore-Legende, nämlich Mecolodiacs und Kool Ade Acid Test, etwa sechzig Mittdreißiger, aber auch eine Handvoll Joungsters an. Und auch auf der Bühne konnte ein junges Wesen ausfindig gemacht werden. Sinnbild dafür, wie Traditionsbildung in der Avantgarde funktioniert: mehr schlecht als recht. Beruhigend aber der Eindruck, daß diese Art der Avantgarde nicht renovierungsbedürftig ist. Klassischen Melodielinien des Jazz wird gehuldigt – aber hier und dort ein paar Töne vorbeigegriffen. Schlußfloskeln, Zwischenrufe, Kürzestsoloeinwürfe werden mit Engagement gegeben, immer so, als wäre das Ideal ein Platzen der Halsschlagader beim Saxophon oder die Blasenbildung auf den Fingern – aber ein bißchen schief zur Ordnung, ein bißchen überdehnt oder gequetscht. Nach wie vor gibt es nichts Fortgeschritteneres. Nur Joe Baizas Lächeln wirkt ein wenig desillusioniert. Es ist anstrengend, einsam an der Spitze zu stehen. bk

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