: Krümmel atomar verseucht
Atomkraftwerk Krümmel bleibt in den Schlagzeilen: Nach Sabotage nun auch noch radioaktiv verseuchter Transportcontainer ■ Von Heike Haarhoff
Kaum ist öffentlich bekannt, daß bereits am 20. August ein Anschlag auf das Atomkraftwerk Krümmel verübt wurde (taz berichtete), da verkündet das schleswig-holsteinische Energieministerium gestern die nächste Hiobsbotschaft: Bei der Eingangskontrolle am AKW Krümmel wurde ein verseuchter Transportcontainer mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen entdeckt.
Der Behälter sei an vier Stellen verseucht gewesen. Der Maximalwert habe – bei einem zulässigen Grenzwert von vier Becquerel pro Quadratzentimeter – bei 57 Becquerel gelegen. Am 25. Juni war der Container mit 23 Fässern radioaktiver Abfälle aus dem Atomkraftwerk Würgassen (Nordrhein-Westfalen) an das Endlager Morsleben (Sachsen-Anhalt) geliefert worden. Nach dem Entladen wurde der Container zu einer Firma in Duisburg geschickt, bevor er am Montag auf einem LKW in Krümmel eintraf.
Eine Kontrolle in Morsleben habe ergeben, daß der Behälter das Lager unverseucht verlassen habe, so das Bundesamt für Strahlenschutz. Der Container diente zum Transport schwach- und mittelradioaktiver Abfälle. Dazu gehören Arbeitshandschuhe, Kittel, kaputte Rohre und anderer Schrott aus dem Inneren eines Atommeilers.
Kiels Energieminister Claus Möller (SPD) wertete die jüngste Grenzwertüberschreitung als „völlig neue Dimension“: Nicht nur, daß diese Transporte sehr viel häufiger als Brennelementetransporte stattfinden und munter durch die Innenstädte rollen. Im Gegensatz zu den Brennelementbehältern, deren hundertfache Grenzwertüberschreitungen in diesem Sommer den Atommüllskandal ausgelöst hatten, würden die Container für schwach- und mittelradioaktiven Kraftwerksmüll nicht unter Wasser beladen, so Möller. Bislang wurde vermutet, daß radioaktives Wasser aus den Lagerbecken die Ursache für die Grenzwertüberschreitungen im Sommer sein könnte.
Der energiepolitische Sprecher der Hamburger GAL, Lutz Jobs, erinnerte, daß bereits im Juni Grenzwertüberschreitungen bei leeren Transportbehältern für schwach radioaktiven Müll durch die Siemens AG zugegeben worden seien. „Sämtliche Atomtransporte“, so Jobs, müßten gestoppt werden. Das Bundesumweltministerium sah dazu gestern keinen Anlaß. Allerdings werde künftig auch „unter den Containern“ gemessen.
Unterdessen erklärte die Lübecker Staatsanwaltschaft, die wegen der möglichen Sabotage im AKW Krümmel ermittelt, sie wolle eine politische Straftat nicht ausschließen: „Unsere Vermutungen gehen in die Richtung militanter Atomkraftgegner.“ In Krümmel sind zur Zeit 1200 Mitarbeiter von Fremdfirmen mit Wartungs- und Reparaturarbeiten beschäftigt. Diese würden eine genaueste Sicherheitsüberprüfung durchlaufen, beteuerte HEW-Sprecher Johannes Altmeppen gestern erneut.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen