: Klemann will Durchbruch nach Arkadien
■ Statt auf eine Linksabbiegerspur zu verzichten, will der Verkehrssenator an der Leipziger Straße den Eigentümer des denkmalgeschützen WMF-Hauses zwingen, nachträglich Arkaden einzubauen. Mögliche Kost
Verkehrssenator Jürgen Klemann will den Durchbruch schaffen. Weil der CDU-Politiker auf der Leipziger Straße Ecke Mauerstraße nicht auf eine Linksabbiegerspur verzichten will, sollen in das denkmalgeschützte WMF- Haus an der dortigen Straßenecke nachträglich Arkaden eingebaut werden. Damit soll die vorgegebene Straßenbreite von 22 Metern dem Autoverkehr vorbehalten und der Fußgängerweg durch die Arkaden geführt werden. Der Gebäudeeigentümer, die Firma Helvetic, klagt nun auf Schadenersatz.
Um die nachträgliche „Arkadierung“ gegen den Willen des Eigentümers durchzusetzen, hat die Verkehrsverwaltung am 12. August den Bebauungsplanentwurf I-66 ausgestellt, der derzeit im Rahmen der vorgezogenen Bürgerbeteiligung ausliegt. Dieses Vorgehen könnte die öffentliche Hand allerdings teuer zu stehen kommen. Der Grund: Die Helvetic hat bereits eine gültige Baugenehmigung. Diese hatte das Bezirksamt Mitte im Oktober 1997 erteilt und sich damit über ein Votum der Verkehrsverwaltung hinweggesetzt, die sich schon damals für den Bau von Arkaden ausgesprochen hat. Verkehrssenator Klemann selbst hat in seinem B-Plan- Entwurf den möglichen Schaden für den Eigentümer auf bis zu zwölf Millionen Mark beziffert. Diese Summe setzt sich sowohl aus Entschädigungsmaßnahmen für den nachträglichen Einbau der Arkaden, die Entschädigung für Mietausfall auf der Fläche der Arkaden sowie möglichen Schadenersatzansprüchen wegen der erteilten Baugenehmigung zusammen.
Um die möglichen Kosten abzuwenden, erklärte gestern Klemanns Sprecherin Petra Reetz, habe man bis zuletzt versucht, am Verhandlungstisch eine Lösung zu finden. Umsonst. Nun, so Reetz, müsse man das Urteil des Verwaltungsgerichts abwarten. An der Arkadierung selbst will Klemann unbedingt festhalten. „Damit sind wir uns ausnahmsweise sogar einmal mit Stadtentwicklungssenator Strieder einig“, so Reetz.
In der Tat hat das Strieder unterstehende Landesdenkmalamt für die Arkadierung des 1905 von den Architekten Eisenlohr und Weigle errichteten Waren- und Geschäftshaus bereits grünes Licht gegeben. Voraussetzung dafür sei allerdings, daß die Fassadenöffnungen entlang der Leipziger Straße „durch den Einbau von Schauvitrinen so geschlossen werden, daß der Eindruck einer geschlossenen Fassade weitgehend erhalten bleibt“.
Diesen „Umfaller der Denkmalpflege“ hat gestern die bündnisgrüne Abgeordnete Rita Keil scharf kritisiert. Keil fordert statt dessen, im Kreuzungsbereich Mauerstraße in Richtung Leipziger Platz auf eine Linksabbiegerspur zu verzichten, da es eine solche Abbiegemöglichkeit bereits an der Friedrichstraße gebe. Außerdem befürchtet Keil eine weitere Erhöhung der Schadenssumme, da noch nicht geklärt sei, ob die öffentliche Hand im Arkadenbereich nicht für die Fläche von zwei Stockwerken Mietausfall erstatten müsse. Uwe Rada
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