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Klassenkampf und Baß

■ In der Tradition eines Woodie Guthrie: Die kanadische Folk-Band Sabbotabby im El Locco

Arbeiterlieder erinnern hierzulande immer an Hannes Wader und das auf SPD- und DGB-Treffen am Ende übliche Lied „Brüder, zur Sonne, zur Freiheit“. Sie erzeugen so vor allem bei jüngeren Menschen Fluchtreflexe. Daß Arbeiterlieder anders klingen können, verdeutlicht die kanadische Folkband Sabbotabby. Die Band bezeichnet sich im Presseinfo als „Musiker der legendären ,Industrial Workers of the World‘ (IWW)“. Die unter dem Namen Wooblies bekannten IWW war bis Ende der zwanziger Jahre vor allem in Kanada und den USA eine syndikalistische Organisation mit beträchtlichem Einfluß. Ihre Basis bildeten vor allem die von den gemäßigten Gewerkschaften als Landstreicher verachteten WanderarbeiterInnen und die farbigen ArbeiterInnen, die von den Weißen zu dieser Zeit als Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt erbittert bekämpft wurden. Die Wooblies setzten auf Streiks und direkte Aktionen und wurden vom Staat und privaten Unternehmermilizen erbittert bekämpft. Massenhaft wurden IWW-AktivistInnen eingekerkert, in einigen US-Bundesstaaten waren sie regelmäßig Freiwild. Ende der zwanziger Jahre war die Organisation fast zerschlagen. Heute gibt es in den USA und Kanada nur noch kleine IWW-Sektionen. Größere Spuren haben die IWW auf dem kulturellen Sektor hinterlassen, denn Musik spielte bei ihnen sowohl im Alltag als auch bei Aktionen eine große Rolle. Das noch heute aufgelegte „Little Red Songbock“ wurde zur bekanntesten Wooblies-Publikation. Die IWW schufen mit ihren melancholischen Folkballaden eine Tradition, die von Woody Guthrie und einer ganzen Generation von Protestsängern in den sechziger Jahren wiederaufgegriffen wurde. Als auf dem legendären Woodstock- Festival Joan Baez die Ballade von „Joe Hill“ sang, wußten wohl die wenigsten applaudierenden Fans, daß das Lied dem IWW-Barden Joel Higlund gewidmet war, der im November 1915 unter einer falschen Anklage zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde. Sabbotabby will auf ihren Tourneen nicht nur die Musik, sondern auch die Politik der Wooblies bekannt machen. Ganz in der IWW-Tradition, spielen sie am liebsten in politischen Zentren und bei Straßenaktionen. Pat Gouthreau, der Sänger der Band, kam als Straßenmusiker wegen Verstoßes gegen die strengen kanadischen Lizenzverordnungen mehrmals ins Gefängnis. Auf ihrer aktuellen Tour fand die Band auch in Kleinstädten wie Neubrandenburg oder Stendal Resonanz. Peter Nowak

10.9. 98, 21 Uhr, Sabbotabby – Wooblie-Folk aus Ottawa, im El Locco, Kreuzbergstraße 43

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