: Investition trotz Denkmalschutz
Pünktlich zum Tag des offenen Denkmals fordern die Bündnisgrünen die Einrichtung einer Denkmalbörse. Für leerstehende Denkmale soll so ein passender Investor gefunden werden ■ Von Uwe Rada
Schönebergs Bezirksbürgermeisterin Elisabeth Ziemer hat allen Grund zur Freude. Seit vor einiger Zeit die letzten Klassen aus dem Schulgebäude Kyffhäuserstraße 23 zogen, drohte der denkmalgeschützte Klinkerbau aus dem letzten Jahrhundert zu verfallen. Für die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen fehlte im Bezirkshaushalt das Geld. Nun residiert in der Kyffhäuserstraße das Kulturhaus Schöneberg. 100.000 Mark hat der Bezirk in die nötigsten Reparaturen gesteckt, das Sozialpädagogische Institut hat die Trägerschaft übernommen, und die Schöneberger Künstler sowie die Berliner Roma-Union haben Räume mit bezahlbaren Mieten.
Nicht immer finden Baudenkmale, die im Laufe der Zeit ihre ursprüngliche Funktion verlieren, so schnell und unbürokratisch eine neue, vor allem aber denkmalgerechte Nutzung. Das ehemalige Shell-Haus am Landwehrkanal, eines der bedeutendsten Bauwerke der Berliner Zwischenkriegsmoderne, stand zum Beispiel 13 Jahre lang leer. Der Grund: Der Bewag als Eigentümerin war die mit 45 Millionen Mark veranschlagte Sanierung des 1930/31 von Emil Fahrenkamp errichteten Stahlskelettbaus mit seiner Fassade aus italienischem Travertin schlicht zu teuer gewesen. Eine billigere Variante, der unter anderem die Stahlrahmen der Fensterbänder zum Opfer gefallen waren, war von den Denkmalschützern abgelehnt worden. Im Februar dieses Jahres wurde nun doch mit denkmalgerechten Bauarbeiten begonnen. Die Bewag setzt nun ganz auf die Corporate identity des Baus und hofft auf Mieter, die einen verantwortungsbewußten Umgang mit baugeschichtlich wertvollen Gebäuden zu schätzen wissen.
Daß der Denkmalschutz, wie es gerne behauptet wird, kein Investitionshemmnis sein muß, hat bereits eine Hamburger Studie aus dem Jahre 1996 unter Beweis gestellt. In der vom Denkmalschutzamt der Hansestadt und der Maklerfirma Jones Lang Wootton gemeinsam erarbeiteten Expertise werden sowohl die Vorteile für die Nutzer als auch die wirtschaftlichen Chancen für die Eigentümer denkmalgeschützer Bauten betont. So seien diese Gebäude aufgrund ihrer als Qualitätsmerkmal apostrophierten historischen Architektur besser, zu höheren Mieten und auch zeitlich länger vermietet als Neubauten. Das Fazit der Studie: „Ein Denkmal ist eine gewinnbringende Investitionsanlage“, die in den nächsten Jahren an Bedeutung zunehmen werde.
Um diesem Trend etwas nachzuhelfen, schlagen die Berliner Bündnisgrünen mittlerweile die Einrichtung einer Denkmalbörse für leerstehende Baudenkmale vor. „Damit“, so erklärt die Grünen-Abgeordnete Rita Keil, „soll versucht werden, für jedes Gebäude den passenden Investor zu finden.“ Der bürokratische Aufwand einer solchen Börse hielte sich laut Keil in Grenzen, wenn man sie, um eine Denkmalschutzstelle ergänzt, bei der Investorenleitstelle des Wirtschaftssenators ansiedeln würde.
Eine stärkere Berücksichtigung denkmalschützerischer Belange wäre auch arbeitsmarktpolitisch durchaus von Vorteil. Jede Mark, die in den Denkmalschutz fließe, so hat es das hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst errechnet, ziehe weitere Investitionen von zehn Mark nach sich. Dies sei vor allem für den regionalen Arbeitsmarkt von Bedeutung. Kein Wunder also, daß auch die Berliner Handwerkskammer fordert, weitaus mehr als bisher in den Denkmalschutz zu investieren. Wichtig seien insbesondere der Erhalt steuerlicher Abschreibemöglichkeiten sowie die Ausweitung des Topfes für „denkmalpflegerische Mehrausgaben“ mit derzeit jährlich zehn Millionen Mark.
Doch auch eine Denkmalbörse wird nicht verhindern, daß es immer wieder Konflikte zwischen Eigentümern und Denkmalpflegern gibt. Gebäude wie das DDR- Rundfunkhaus in der Nalepastraße, räumt auch Rita Keil ein, „sind sehr schwer zu nutzen“. Und in Fällen wie dem des Zollernhofs Unter den Linden, so Keil, wog das öffentliche Interesse an der Ansiedlung des ZDF ohnehin mehr als das des Denkmalschutzes.
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