Wenige Arbeitslose standen im Regen

■ DGB und Erwerbsloseninitiativen riefen am Samstag zu getrennten Arbeitslosendemos auf. Die Mehrheit der Arbeitslosen gingen zu beiden

Darüber waren sich alle einig: Kohl muß weg. Sechs Millionen fehlende Arbeitsplätze, Anstieg von Armut und Abbau der Sozialleistungen, so geht es nicht weiter. Also riefen DGB und Erwerbsloseninitiativen am Samstag zum Protest gegen die Jobmisere auf. 2.000 Menschen konnten sie damit mobilisieren, die Polizei zählte sogar nur 600. Und die verteilten sich auch noch auf zwei Veranstaltungen. Ganz so einig war man sich denn doch nicht.

Mit Transparenten wie „Endlich auf der Straße. Die neue A-Klasse!“ und Regenschirmen in der Hand versammelten sich die Erwerbsloseninitiativen um 13 Uhr am Rosa-Luxemburg-Platz. „Arbeit und Reichtum umverteilen“, hieß die Parole auf dem zur Bühne umfunktionierten Bierwagen. Um 15 Uhr dann die Kundgebung des DGB am Brandenburger Tor. Mit Kulturprogramm, großer Bühne, Luftballons und Donuts- Buden wollte man hier „Arbeit schaffen, nicht vernichten!“.

Andreas Ullrich war extra aus Freiburg an den Rosa-Luxemburg Platz angereist. Seit 7 Jahren ist er arbeitslos und lebt von 1086 Mark im Monat, wenn der denn 31 Tage hat. Arbeitslosenhilfe wird pro Tag abgerechnet. „Im Februar wird es ganz schön knapp, da die Miete nicht nach Tagen berechnet wird.“ Die Fahrt nach Berlin konnte Ullrich sich nur leisten, weil ein FDP- Kandidat der Freiburger Erwerbslosen den Bus gesponsort hat. Die Forderung der Erwerbsloseninitiativen für ein gesetzliches Mindesteinkommen von 1.500 Mark unterstützt er, viel lieber wäre ihm natürlich ein Job.

„Der DGB hätte uns für seine SPD-Wahlkampfveranstaltung mißbraucht“, begründet Werner Kaufmann von der Erwerbsloseninitiative Mannheim den getrennten Aufzug. „Unsere konkreten Forderungen und wir als Arbeitslose wären bei so einer Aktion völlig untergegangen“. Für Norbert Konkol, Gewerkschaftssekretär, ist diese Haltung etwas unzeitgemäß: „Die Autonomen haben seit Jahrhunderten Angst vor der Okkupation durch den DGB. Dabei wollen wir ihnen ihre Eigenständigkeit ja gar nicht nehmen.“

Als die Demo der Erwerbslosen an ihrem Ziel Friedrichstraße/ Ecke Unter den Linden angekommen ist, ist man kurz orientierungslos. „Grabenkämpfe nützen nix“, meint ein Teilnehmer und geht wie die meisten weiter zur DGB-Veranstaltung. „Wir sind doch alle arbeitslos und wollen, daß sich was ändert.“ Kerstin Kohlenberg