: Not macht Frauen gründerisch
Für Frauen bleibt es schwierig, sich selbständig zu machen, stellen Unternehmerinnen auf der Messe f.a.m.e fest. Banken sind unkooperativ und verweigern Kredite ■ Von Beate Willms
Hannover (taz) – Wer nur schicke Kostümchen und Nadelstreifenanzüge erwartet hatte, sah sich enttäuscht. Die Unternehmerinnenmesse f.a.m.e, die an diesem Wochenende zum dritten Mal im Hannover Congress-Centrum stattfand, entpuppte sich in diesem Jahr mit ausgeweitetem Kongreßprogramm vor allem als eine Arbeitsmesse. Der Großteil der rund 2.000 BesucherInnen war vor allem gekommen, um den Austausch mit Gründerinnen und Beraterinnen zu suchen.
Rund 920.000 der 3,4 Millionen Unternehmen in Deutschland werden bereits von Frauen geführt. Im Durchschnitt geht mehr als jede dritte Neugründung auf das Konto einer Frau, in Ostdeutschland ist die Zahl noch höher – Folge eines verstärkten Einsatzes von Förderprogrammen, um die Arbeitslosigkeit unter Frauen zu mindern.
„Viele machen sich aber gar nicht klar, daß sie jetzt in genau dieser Position sind“, sagt Imke Lohmann von der Beratungsstelle „Unternehmen unterwegs“. Ihrer Erfahrung nach neigen vor allem freiberuflich arbeitende Frauen dazu, sich nicht selbstbewußt als Unternehmerin, sondern als freiwillige Dienstleisterin zu sehen. Das betreffe beispielsweise Heilpraktikerinnen, die froh seien, überhaupt zahlende KlientInnen zu finden, und sich dann unter Wert verkauften. Eine Erklärung dafür sei der Mythos, der sich um den Begriff Unternehmerin ranke. „Selbständig zu sein, bedeutet aber doch nicht, jede Menge Angestellte und einen riesigen Betrieb zu haben“, so Lohmann.
Trotzdem ist die Scheu vor dem Unternehmerinnentum nach Ansicht von Gisela Brandes-Steggewentz vom Deutschen Gewerkschaftsbund in Niedersachsen- Bremen nicht ganz unbegründet. Die meisten Existenzgründerinnen betrieben zumindest in der Anfangszeit noch mehr Selbstausbeutung als ihre männlichen Kollegen. Ihre Kinder müßten sie „verkürzt ausgedrückt, unterm Ladentisch verstecken“, weil Teilzeitarbeit für Selbständige nicht vorgesehen sei. Daran änderten auch die meisten Förderprogramme nichts, die ganz selbstverständlich von einer Ganztagsbeschäftigung ausgingen. Eine Patentlösung für Frauen, die nach Jahren der Kindererziehung, der Arbeitslosigkeit oder nach einer Scheidung keine Chance mehr sehen, in ihren alten Beruf zurückzukommen, sei die Selbständigkeit deshalb nicht.
Diese Einschätzung teilt Cornelia Klaus vom Beratungsprojekt Gründerinnen Consult in Hannover. Allerdings glaubt sie, daß „Frauen als Wirtschaftsfaktor unterschätzt“ werden. Gründerinnen verfügen im Durchschnitt über weniger Eigenkapital als ihre männlichen Kollegen. Und das nicht nur, wenn sie als Hausfrau kein eigenes Einkommen haben: Auch bei erwerbstätigen Frauen liegt das Einkommen in aller Regel unter dem von ähnlich qualifizierten Männern. Rund 80 Prozent der Gründerinnen bringen nicht mehr als 50.000 Mark Eigenkapital mit.
Und auch einen Kredit zu bekommen, ist oft gar nicht so einfach: „Viele Banken akzeptieren das gemeinsame Haus problemlos als Sicherheit, wenn der Mann das beantragt. Bei der Frau verlangen sie zusätzliche Werte“, moniert Heidi Merk, deren niedersächsisches Ministerin für Frauen, Arbeit und Soziales mehrere Förderprogramme für Existenzgründerinnen aufgelegt hat. Auch seien die Berater bei den Kreditinstituten oft gar nicht über spezielle Fördermöglichkeiten für Frauen informiert – oder enthielten den Antragstellerinnen diese Informationen vor. „Da hilft nur reden“, so Merk. „Und mit überzeugenden Konzepten auftreten.“ Rechtlich sieht die Ministerin keine Handhabe. Und politisch? „Wir können nur durch Förderprogramme deutlich machen, daß wir Frauen beim Schritt in die Selbständigkeit unterstützen.“ Und dafür gebe es gute Argumente: Frauen gehen seltener pleite als Männer.
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