: Biblischer Wolf oder welche Geschiche? –betr.: „Biblische Geschichte“, taz-Bremen vom 11., 13. und 18.8.1998
Was ist eigentlich mit Rotkäppchen nebst ihrem bösen Wolf? Mit dem Ziel, ihre Großmutter zu besuchen, spaziert Rotkäppchen durch einen Wald, trifft einen Wolf, der es später frißt. Ein Jäger kommt und holt es wieder raus.
Großmütter gab es, Wälder gab es, und Wölfe auch. Doch, da war ja noch der Jäger, der Rotkäppchen unversehrt aus dem Wolf befreite! Niemand käme auf die Idee, aus dieser Verkettung einen geschichtlichen Anspruch zu erheben.
Wie jeder weiß: ein Märchen, also weder Legende, noch weniger Geschichte. Der Wahrheitsgehalt der Bibel beruht auf der gleichen Ebene, ist also durchaus nicht höher angesiedelt. Die Bezeichnung „Biblische Geschichte“ ist wohl mehr als Unterrichtsziel geplant. Denn ebenso wie bei Rotkäppchen handelt es sich bei den „biblischen Geschichten“ um nichts weiter als reine Märchengeschichten. Folgerichtig ist das Unterrichtsfach „Biblische Geschichte“ als das zu bezeichnen, was den Schülern mit Hilfe dieses Fachs tatsächlich vermittelt wird: „biblische Märchenkunde“ eben! Doch dagegen haben sicherlich diejenigen Interessengruppen viel einzuwenden, die mit Hilfe biblischer Geschichten nicht nur gutes Geld verdienen, sondern ganz nebenbei sowohl ein riesiges, unteilbares Vermögen als auch einen politischen Machtanspruch ableiten, für das ihnen nie ein Mandat erteilt wurde.
Norbert Dethof
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