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Blasse Witze als Real-Life-Zitat

Wenig sozialbestimmt, viel veränderbar: Biographien in „Body Check“ im Kunstverein  ■ Von Hajo Schiff

Der Direktor wurde in einen lachsfarbenen Pudel verwandelt, und es kursieren Bestechungsgelder, um die Rückverwandlung zu verhindern. Das wäre ein blöder Witz, käme er nicht von Direktor Stephan Schmidt-Wulffen selbst. Der vor vollem Hause bei der Ausstellungseröffnung von Body Check ausgeführte Zauberakt war mit einigen blassen Witzen garniert, doch die Kurhausentertainment-Atmosphäre war als Real-L;ife-Zitat ein Kunstprojekt vom jungen Hamburger Kunststar Christian Jankowski.

In der dritten Staffel des Langzeitprojekts fast forward zum Wandel des Wirklichkeitsbildes sind viele Dinge zu sehen, die schwerlich unter einen Hut zu passen scheinen: Ein Wald aus Grünpflanzen, ein Schlafzimmer samt Dusche ganz in poporange und Markus Schinwalds seltsame Kleidungsstücke. Im kleinen Erdgeschoßraum läuft hinter versponnenen Netzen, neben einem verbrannten Stuhl mit einem Sicherheitshelm aus Zigaretten ein Video des dänischen Künstlers Peter Land, der immer wieder sein Scheitern ausstellt: Hier fällt er zu Wagnerklängen pausenlos in Zeitlupe von der Leiter – nochmal blöde Witze, wären sie nicht in der Demonstration heldenhaften Scheiterns traurig gelungen.

Alle diese Gags machen erst Sinn, wenn der Kunstverbraucher bereit ist, sich auf das Gedankensystem einzulassen, daß im Kunstverein notwendig und konsequent aufgebaut wird: Es geht den 24 ausgewählten Künstlern um den veränderten Subjektbegriff, die Möglichkeit, die eigene Biographie nicht nur als sozialbestimmt zu erleben, sondern auch als fast beliebig veränderbar.

Die Blumentöpfe lassen sich durch aus dem Lautsprecher quellende Erzählungen als Sam Samores Zauberwald dekodieren. Das schrille Bett von Dominique Gonzales-Foerster ist kein modisches Designrevival, sondern das mit freudianischen Problemlagen nach wie vor besetzte Elternzimmer. Normen werden als Zwangsjacken vorgeführt: in Form von Kleidung, im Foto vom Brustmessen vorm Spiegel oder in Angela Bullochs Zitat der rigiden Regeln einer Moskauer Schule für Models.

Eine besondere Entdeckung ist die hochinteressante Dokumentation der Karriere der schwarzen Schauspielerin Fae Richards. Einst Dienstmädchen bei einer weißen Familie, lernt sie die androgyne Schauspielerin Martha Page kennen und kommt in den dreißiger Jahren zum Film. Nach einigen kleinen Nebenrollen wird sie schließlich „Elsie, the Watermelon Woman“, 1944 spielt sie erfolgreich die Gansterbraut im dem vom Studio Liberty Pictures gedrehten Film Black Guns. Doch das Studio geht pleite, und später kann die ältere Fae Richards nicht mehr an ihre Erfolge anknüpfen. Sie stirbt vergessen 1973 in New York. Erst 1996 macht Cheryl Dunye eine Filmbiografie über sie und die Fotokünstlerin Zoe Leonard erstellt eine Dokumentation. So blieb mehr von diesem rein fiktiven Leben als von manchem real gelebten.

Klosterwall 23, bis 1. November

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