So nicht, „lieber“ Herr Droste! Von Jürgen Roth

Der große Kommunist, Schriftsteller und Erzeuger des erfolgreichen DDR-Kundschafters Markus Wolf, der unvergessene Dramatiker Friedrich Wolf, publizierte 1928 in dem ehrlichen Glauben, die Literatur aus ihrer selbstverschuldeten Isolation heraus- und erlösen zu können, das Traktat „Kunst als Waffe“. Wolf wünschte, sein und seiner Genossen Schreiben möge positiv, zuletzt segensreich Einfluß üben auf den verheerenden Lauf der Zeit.

Unsere, „lieber“ Herr Droste, bescheidene und in dunkler Epoche lebende Generation von Freizeitautoren hat längst alle derartigen Hoffnungen fahrenlassen müssen oder, diesen Eindruck vermögen Sie nicht länger zu kaschieren, mutwillig fahrenlassen. Denn wie anders darf ich Ihren offenkundig in völliger Verkennung der schwierigen sozialen Lage des Handwerks am 11. 9. hier publizierten offenen Brief verstehen? Gesetzt den Fall, ich hätte via taz (9. 9.) die gerade zur falschen Ruhe gekommenen Arbeiter aus Ihrem unmittelbaren Wohnumfeld – stets Indiz für politische Resignation – zu neuen Aktivitäten motiviert; und gesetzt den Fall, das wäre ein Beweis für weniger den Bier- als den Wissensdurst unserer Maurer und Kissenmacher, unserer hochanständigen Stukkateure, flinken Installateure und geschickten Elektriker. Sie, Herr Droste, müßten, nähmen Sie Ihren Beruf noch ernst, Schauer des Glücks durchfluten, weil a) Literatur dann eben doch etwas bewirkte und b) der Bildungsstand viel, viel höher wäre, als sämtliche Pessimisten aus Wirtschaft und Politik uns gerade dieser Tage „weismachen“.

Gut, ich könnte bekennen, ich hätte den wieder lautstark an die Arbeit gegangenen Handwerksmeistern meine kleine Verteidigungsschrift, wie Sie es nennen, „eingeflüstert“ – wenn schon! Man weiß ja, auch Sie präferieren nicht gerade den sinnlich-leisen Vortrag Ihrer „Texte“, mit denen Sie u.a. das Handwerk nieder- und „in Schach halten“ wollen. Aber Sie beweisen lediglich einmal mehr Ihre Ignoranz gegenüber der Idee der Rebellion. Handwerker zählten zu den ersten Sozialisten, und ich schätze mich glücklich, ein paar von ihnen zur Sonne und zur Freiheit zurückgeführt zu haben.

Sie sollten, um das Klima des betr. Wohnblocks zu verbessern, Ihren Helfern vom Bau ruhig schon morgens festes Schwarzbrot reichen, Cheddar und starken Wein kredenzen. Verbringen Sie ein paar vergnügliche Stunden mit ihnen. Der Hammer, von F. W. Bernstein, dem größten lebenden Lyriker deutscher Zunge, in Erinnerung an die Internationale als „Instrument des Aufbaus“ besungen, schweigt, um künftighin desto kraftvoller wider ein marodes Bauwerk gerichtet zu werden, das selbst Ihrer Haut in Bälde keinen Schutz vor Kälte mehr bieten kann. Was uns betrifft, scheint mir nach Ihrer „sinn- und ziellosen“ (Droste) Kampagne gegen mich, jenem ungeheuerlichen Angriff auf die Menschenwürde, das Tischtuch der Verständigung zerschnitten. Vieles hielt ich Ihnen über die Jahre treu und tapfer zugute. Eine Invektive, die weder vor psychischem Terror noch der Androhung physischer Gewalt zurückschreckt, ist nun der Dank. Ich behalte mir weitere, auch rechtliche Schritte vor, sollten Sie nicht widerrufen. Übrigens: Ich nehme nichts und weiche nicht zurück. Keinen Fußbreit!