Perpetuum mobile für die tratschgläubigen Massen

■ Mit der unvergessenen Romy startet die ARD heute um 20.15 Uhr ihr „Legenden“-Sixpack

Eine Legende sei, erklärt der Fremdwörter-Duden, ein „Abschnitt eines Heiligenlebens für die gottesdienstliche Lesung“, ein weihrauchumwehter Fortsetzungsroman also, damit die Leute wiederkommen.

Das Genre verdankt seinen Namen jener Legenda aurea, in der ein gewisser, 1298 verstorbener Jacobus a Voragine den umlaufenden Heiligentratsch gesammelt und zum Zwecke des erbaulichen Wieder-und-wieder-Verlesens zu Papier gebracht hatte. Ein medialer Geniestreich. Was in der Kirche erzählt wird, spendet den gläubigen Massen Trost und Verheißung. Zwar sei eine Legende, so der Duden weiter, auch eine „sagenhafte, unglaubwürdige Geschichte“. Aber das ändert natürlich nichts daran, daß das Prinzip nach 700 Jahren immer noch funktioniert. Nur nähren sich vom Wieder-und-wieder-Erzählen heute andere: oft genug die Legenden unseres Jahrhunderts zu Lebzeiten selber, in den 50ern die sogenannten Soraya-Blätter, die jetzt eigentlich Diana-Blätter heißen müßten, und eben auch das Fernsehen.

Dort haben Legenden gerade Hochkonjunktur. Hier ein Brigitte-Bardot-Abend (Arte), da eine Ingrid-Bergmann-Reminiszenz (ZDF), eine Woche Diana- Schluchzen auf allen Kanälen und dann noch diverse Elisabeth-von- Österreich-Sisi-Sissi-Memorials (Arte und andere). Da mag sich Hartmann von der Tann, als ARD- Chefredakteur ansonsten eher legendenunverdächtig, nicht lumpen lassen und schließt nahtlos mit einem Legenden-Sixpack an. Den Anfang muß natürlich die 1982 mit 43 Jahren verstorbene Romy Schneider machen. Die war gerade und ist morgen in der Spätwiederholung auf Arte wieder mit der ersten Hälfte ihrer Doppellegendenexistenz als herzige Sissi („Schicksalsjahre einer Kaiserin“) zu bedauern.

Michael Strauvens 45-Minuten- Stück indes beleuchtet insbesondere auch Romys zweite Legendenhälfte als Star des französischen Kinos. Viel Neues kommt dabei nicht rum, doch soll es, wie sich Tochter Sarah Biasini eingangs wünscht, der „Wahrheit über Mami“ dienlich sein – wie das Buch ihres Vaters Daniel, des letzten Romy-Gemahls, das die beiden erst jüngst in Talkshows herzeigten. „Ergründen, wie aus Menschen Legenden wurden“, wolle man, versprach von der Tann. Das wird wohl nix. Warum, sagt Romys Maskenbildner Didier Lavergne: „Das ist Magie, das kann man nicht erklären.“ Ulla Küspert

Ab nächster Woche folgen trotzdem (jeweils Do., 21.45 Uhr) die „Legenden“ Curd Jürgens, Soraya, Evita Peron, Marlene Dietrich und Enrico Caruso