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ICE läßt Magdeburg links liegen

Pünktlich am Wahlsonntag geht die ICE-Trasse Hannover–Berlin in Betrieb. Reisende sparen eine Stunde, doch Sachsen-Anhalts Hauptstadt wird künftig umfahren  ■ Von Annette Jensen

Bundeskanzler Kohl fuhr gestern mal Bahn. Anlaß war die Einweihung der ICE- Strecke zwischen Berlin und Hannover. Ab dem Fahrplanwechsel am Tag der Bundestagswahl sollen auch die Bahnkunden nur noch eine Stunde und 47 Minuten auf der neuen 263 Kilometer langen Strecke unterwegs sein. Bisher dauerte die Reise eine Stunde länger. Weniger komfortabel wird es für die MagdeburgerInnen. Denn die sachsen-anhaltinische Landeshauptstadt liegt nun nicht mehr an der Trasse und wird auf Dauer bestenfalls im Zwei-Stunden-Takt ans ICE-Netz angeschlossen. Bislang hält hier jede Stunde ein ICE aus jeder Richtung.

Die neue ICE-Trasse hat 5,1 Milliarden Mark gekostet. Davon wurden ein knappes halbes Prozent (23 Millionen Mark) für den Schutz des havelländischen Luchses investiert. In dem Feuchtgebiet, das schon zu DDR-Zeiten unter Schutz gestellt wurde, leben einige Dutzend Großtrappen – die schwersten flugfähigen Vögel, die es auf der Erde gibt. Ihr Schutz hatte den Bau der Strecke für längere Zeit verzögert.

Der Naturschutzbund (NABU), der schließlich 1995 einen 19-Punkte-Plan mit der Bahn aushandelte, gab sich gestern sehr zufrieden. Zum ersten und bisher einzigen Mal sei eine Baumaßnahme in dieser Größenordnung in enger Zusammenarbeit zwischen Naturschützern und Planern umgesetzt worden, sagte Naturschutzbund-Präsident Jochen Flasbarth. An der kritischen Stelle wurden bis zu sieben Meter hohe Wälle aufgeschüttet, die den plumpen Trappen als Überflughilfe dienen. Außerdem wurden die Stromabnehmer niedriger gebaut als üblich.

Bahnchef Johannes Ludewig kündigte gestern an, die Bahn setze weiter auf den Ausbau des Hochgeschwindigkeitsnetzes. So soll im Rahmen der „Verkehrsprojekte deutsche Einheit“ die Strecke von Berlin über Leipzig, Erfurt bis nach Nürnberg gebaut werden. Auf dem letzten Streckenabschnitt sind Tunnel mit einer Gesamtlänge von 40 Kilometern geplant. Kostenpunkt: acht Milliarden Mark.

Auch die ICE-Neubaustrecke zwischen München über Ingolstadt nach Nürnberg steht weiter auf dem Programm. Sie wird die SteuerzahlerInnen voraussichtlich zehn Milliarden Mark kosten, weil sie trotz massiver Kritik des Bundesrechnungshofs privat vorfinanziert werden soll. Auf der ICE- Strecke Frankfurt–Köln, deren Fertigstellung für 2001 geplant ist, könnte dem Bahnchef Ludewig abermals der Naturschutz in die Quere kommen. Die Trasse führt durch das ökologisch wertvolle Siebengebirge.

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