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Globale Rezession droht

■ UN-Organisation und Spekulant Soros halten Krisenmanagement für unzureichend

Genf/Berlin (epd/dpa/taz)

Der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (Unctad) erscheint die ostasiatische Wirtschafts- und Finanzkrise deutlich gefährlicher als dem Internationalen Währungsfonds (IWF). In ihrem Jahresbericht „Handel und Entwicklung 1998“ warnt sie vor einer drohenden weltweiten Rezession. „Es besteht das Risiko, daß weitere Fehler in der Politik die Weltwirtschaft in eine tiefe Rezession treiben.“

Inakzeptabel sei, daß die Bevölkerung über Währungsverfall und hohe Zinsen in die Armut getrieben werde, während international Fonds zur Entschädigung von Investoren aufgelegt würden. Die Wirtschaftskrise in Asien habe bereits 260 Milliarden Dollar (440 Milliarden Mark) gekostet – ein Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung. Nur ein scharfes Umschwenken in der Wirtschafts- und Finanzpolitik könne den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch aufhalten.

Die Organisation, die 1964 auf Initiative der Entwicklungsländer gegründet wurde, rät zu einer Senkung des Zinsniveaus, der Bereitstellung zusätzlicher Finanzmittel und einer Erhöhung der öffentlichen Ausgaben. Wegen der Asienkrise wird die Weltwirtschaft nach Schätzungen der Unctad 1998 nur um zwei Prozent wachsen – nach 3,2 Prozent im Vorjahr. In den Entwicklungsländern werde 1998 die Wirtschaft nur um 2,5 Prozent wachsen, halb soviel wie 1997.

Die Zukunft liege weitgehend in den Händen der größten Wirtschaftsmächte der Welt, sagte Unctad-Generalsekretär Rubens Ricupero bei der Vorstellung des Berichts in Genf. Die USA, die EU und Japan müßten für Wirtschaftswachstum sorgen und die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen ankurbeln. Die bisherigen Reaktionen internationaler Institutionen (der IWF wird nicht namentlich erwähnt) werden von der Unctad als unzureichend kritisiert. „Aussagen über die angeblichen strukturellen Schwächen der betroffenen Länder und der Ruf nach einer weiteren Liberalisierung des Welthandels haben die Krise noch verschlimmert.“

Ähnliche Kritik war zuvor von ganz anderer Seite zu hören. Der international berüchtigte Spekulant Georges Soros sagte am Dienstag in einer Anhörung vor dem Bankenausschuß des US- Kongresses, daß die Reaktionen von IWF und den sieben größten Industrienationen (G7) auf die Krise „erbärmlich unzureichend“ gewesen seien. Die IWF-Programme würden offensichtlich nicht funktionieren. Dennoch forderte er den US-Kongreß auf, endlich 18 Milliarden Dollar blockierte Mittel für den IWF freizugeben, denn gerade in der jetzigen Notsituation müsse der IWF in der Lage sein zu helfen.

Soros warnte vor einer globalen Knappheit an Finanzmitteln. Dies würde die Weltwirtschaft „wahrscheinlich in eine Rezession führen“. Zumindest Lateinamerika sei davon schon jetzt betroffen. Zu verhindern sei das Schlimmste nur, wenn die internationalen Finanzinstitutionen und die Industrieländer endlich energisch eingriffen. Die Chancen dafür sieht Soros allerdings als gering an, wo doch die G-7-Regierungen gerade damit gescheitert seien, Rußland rechtzeitig zu Hilfe zu eilen.

Um global die Stabilität der Finanzmärkte zu gewährleisten, müßten internationale Finanzbehörden zur Kreditüberwachung etwa analog zur US-Notenbank Federal Reserve her. Zudem erneuerte Soros seinen Vorschlag einer internationalen Kreditversicherungsagentur. lieb

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