: Italiens Neokommunisten in der Zerreißprobe
■ Parteipräsident und Generalsekretär streiten um die Position ihrer Partei zum Haushaltsgesetz 1999 und der Sanierung des Südens. Der Konflikt könnte die Mitte-Links-Regierung gefährden
Rom (taz) – In einer raschen Folge von Sitzungen sämtlicher Leitungsorgane der italienischen Neokommunistischen Partei will die Führungsriege einen definitiven Bruch der zwei „Seelen“ innerhalb der Organisation noch einmal vermeiden. Unversöhnlich stehen sich die maximalistische Fraktion von Parteisekretär Fausto Bertinotti, einem ehemaligen Gewerkschaftsboß, und die eher pragmatische Richtung des Parteipräsidenten Armando Cossutta, in der früheren KP Exponent des stalinistischen Flügels, gegenüber.
Offizieller Streitpunkt ist die Position der Partei, die zwar nicht dem Kabinett, wohl aber der Mitte-Links-Koalition von Ministerpräsident Romano Prodi angehört, zum Entwurf zum Staatshaushalt 1999. Während Bertinotti den Entwurf noch immer für ungenügend hält, sieht Cossutta in den Zugeständnissen der Regierung genügend Entgegenkommen, um zuzustimmen. Insbesondere schon deshalb, so Cossutta, weil „die Alternative der Bruch der Koalition wäre, mit der höchstwahrscheinlichen Konsequenz von Neuwahlen – und die würde dann mit Sicherheit Berlusconi und die Rechte gewinnen“. Bertinotti sieht derlei Gefahr nicht und fordert „entweder eine klare Wende in der Arbeitsförderung, speziell für den gebeutelten Süden, oder wir stimmen nicht zu“. Alle Verantwortung für das Scheitern, so der Sekretär, falle dann auf die Linksdemokraten und Regierungschef Prodi.
Während sich Bertinotti beim Parteivolk Umfragen zufolge auf eine deutliche Zustimmung stützen kann, hält Präsident Cossutta seinerseits in den Pareteigremien eine klare Mehrheit. Da diese es aber sind, die über die Zustimmung zur Fraktionshaltung entscheiden, wird wohl Cossutta sich durchsetzen – mit unvorhersehbaren Folgen für die Partei selbst. Der eitle Bertinotti sucht seit langem den Machtkampf mit Cossutta. Er könnte es durchaus zum Eklat kommen lassen und mit seinen Getreuen gegen das Gesetz stimmen – was im Abgeordnetenhaus mit einer sehr dünnen Regierungsmehrheit den Ausgang der Abstimmung höchst unsicher machen würde. Zu Hilfe kommen könnte der Regierung eine neue Formation um den früheren Staatspräsidenten Cossiga, die UDR. Die will aber nur einspringen, wenn die Regierung mit der gesamten Neokommunistischen Partei bricht und dafür mit der UDR ein längerfristiges Bündnis schließt. Werner Raith
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