: Mauss mischt weiter mit
■ Kolumbiens Guerilla drückt durch, daß der Privatagent am Friedensprozeß beteiligt wird
Berlin (taz) – Sieben Wochen nach seiner Entführung haben die Guerilleros vom „Heer zur Nationalen Befreiung“ (ELN) den liberalen Senator Carlos Espinosa am Sonntag nachmittag freigelassen. Erschöpft wurde der 45jährige im Norden des Landes von einer Kommission des Roten Kreuzes abgeholt. Auch dabei: der Vizeinnenminister Jorge Mario Eastman und sechs deutsche Journalisten.
Schon vor Wochen hatte die ELN als Bedingung für die Freilassung Espinosas von der Regierung gefordert, daß diese sich um mehrere tausend Flüchtlinge aus dem Süden der Karibikprovinz Bolivar kümmern solle. Tatsächlich verhandelt Eastman mit Vertretern der Vertriebenen im Erdölhafen Barrancabermeja. Das Abkommen ist noch nicht unterschriftsreif, doch zum Thema „Paramilitarismus“ hat der Regierungsvertreter zugesagt, zivile Justizorgane zu stärken und einen Gesetzentwurf zu unterstützen, nach dem Massaker und „Verschwindenlassen“ als Verbrechen in die Gesetzgebung aufgenommen werden.
Da auch die Regierung keine schnellen Rezepte zur dauerhaften Hilfe für die Flüchtlinge hat, entschloß sich die ELN schon gestern zur Freilassung Espinosas. Dieser übermittelte ein Dokument an die Medien, in dem die Rebellen von Präsident Pastrana fordern, die Komplizenschaft zwischen Armee und Paramilitärs zu beenden und für die Bestrafung der für Massaker Verantwortlichen zu sorgen.
Neben diesem Propagandaerfolg hat die ELN auch einen wichtigen Stolperstein zur „Nationalen Konvention“ aus dem Weg geräumt. Diese soll Mitte Oktober stattfinden. Außerdem nutzte sie die Gelegenheit, Werner Mauss wieder ins Spiel zu bringen: Der Agent übernahm, so behauptet er, die „Garantie“ zur Freilassung des Senators.
Auch Kanzleramtminister Bernd Schmidbauer dürfte die jüngste Mission seines Freundes Mauss wieder „positiv begleitet“ haben, diesmal Ende August, gegenüber Pastranas Friedensbeauftragtem Victor Ricardo. Gerhard Dilger
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen