: Klage gegen den Finanzminister?
■ Geschmähter Versicherungsmathematiker sieht sich von Waigels Beamten zu Unrecht schwerer Rechenfehler bezichtigt. Grüne: Waigel nimmt versteckte Milliardenkredite auf
Berlin (taz) – Der Kölner Versicherungsmathematiker Klaus Heubeck prüft, ob er den Bundesfinanzminister wegen Verleumdung verklagen soll. Das sagte er gestern der taz. Beamte aus dem Hause Theo Waigels (CSU) hatten Heubeck bezichtigt, mit Rechenfehlern milliardenschwere Fehlbeträge bei den Pensionszahlungen für ehemalige Postbeamte verursacht zu haben. Aus den Fehlern ergibt sich, wie berichtet, ein Defizit von sechs Milliarden Mark im Bundeshaushalt 1999.
Der Chef der renommierten Versicherungsberatung Büro Dr. Heubeck in Köln erhob seinerseits schwere Vorwürfe gegen das Finanzministerium. Er sei nie offiziell informiert worden, daß seine Modellrechnungen Eingang in ein Bundesgesetz finden sollen. Heubeck habe lediglich mit dem damaligen Postministerium einen Beratervertrag gehabt, nicht aber mit dem Finanzministerium.
Noch im Sommer hatte hingegen ein Ministerialdirektor des Finanzministeriums im Haushaltsausschuß des Bundestages den Eindruck erweckt, direkt mit Heubeck zusammenzuarbeiten. Er hatte gesagt, der Versicherungsmathematiker habe 1994 die Ausschüttungsbeträge ermittelt, die seitdem laut Gesetz von den Postnachfolgeunternehmen an den Finanzminister abzuführen waren – 4 Milliarden Mark jährlich durch die Post, 2,9 Milliarden durch die Telekom und 0,31 Milliarden durch die Postbank. Diese Zahlen, so der Waigel-Beamte im Juni, seien „reine Makulatur“.
Waigel will das durch die Postpensionen auftretende Sechs-Milliarden-Defizit durch eine vorzeitige Veräußerung der Aktien der Post AG decken. Zwischenkäufer soll die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau werden. Der Haushaltssprecher der Grünen, Oswald Metzger, bezeichnete dies als „versteckte Kreditaufnahme“. Metzger wies darauf hin, daß das Bundesverfassungsgericht erst vor wenigen Tagen solche „In- sich-Geschäfte“ in Schleswig-Holstein untersagt habe. cif
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