Analyse: Ruinierter Ruf
■ Südafrika verspielt in Lesotho seine Reputation als Regionalmacht
Lesothos Hauptstadt Maseru ist ausgebrannt und geplündert, den Königspalast kontrollieren südafrikanische Soldaten, die gleichzeitig auf den Straßen Plünderer jagen und erschießen. In nur zwei Tagen hat Südafrika durch seine beispiellos brutale Militärintervention in dem kleinen Bergkönigreich Lesotho nicht nur sein aus Apartheidzeiten bekanntes häßliches Gesicht gezeigt, sondern auch ein Ausmaß an Inkompetenz an den Tag gelegt, wie man es bisher nicht kannte. „Der Zweck der Intervention ist, die Lage zu stabilisieren“, erklärte Innenminister Mangusuthu Buthelezi am Mittwoch einem ungläubigen südafrikanischen Parlament in Kinshasa, während im Fernsehen die rauchenden Trümmer von Lesothos Hauptstadt Maseru zu sehen waren.
Daß Buthelezi vor dem Parlament sprach, deutet auf einen Aspekt des Fiaskos hin: Präsident Nelson Mandela und sein designierter Nachfolger Thabo Mbeki weilen derzeit bei der UNO in New York, so daß der Chef der berüchtigten Zulu- Partei Inkatha als zweiter Vizepräsident nun Staatsoberhaupt spielt. Aber das ist eben nur ein Aspekt des Fiaskos. Mandela hat die Intervention inzwischen gutgeheißen. Und in der Praxis ist Lesotho nun von Südafrika besetzt, was nach Meinung vieler Basotho längst dem heimlichen Wunsch Südafrikas entspricht – und dem eines wichtigen Teils der eigenen Bevölkerung.
Auch die in Lesotho regierende LCD (Lesotho Congress for Democracy) scheint diesem Wunsch nicht ganz unaufgeschlossen zu sein. Schließlich war es Lesothos Premierminister Pakalitha Mosisili, der die südafrikanischen Truppen ins Land holte. Innenpolitisch war das durchaus ein kluger Schachzug. Die LCD steht unter Druck, seit sie durch massive Wahlfälschung bei den Parlamentswahlen am 23. Mai 68 von 69 Wahlkreisen gewann.
Nur geht die Rechnung jetzt vermutlich nicht auf. Lesothos Opposition hat Mosisilis Spiel durchschaut und erkannt, daß die regierende LCD versucht, sich unter südafrikanischer Schirmherrschaft in eine Art südafrikanischer Provinzregierung zu verwandeln, um an der Macht zu bleiben. Und Südafrika hat sich eine Blamage geholt. Ohne eine richtige außenpolitische Strategie und in Abwesenheit der beiden wichtigsten politischen Führer hat sich Südafrika in ein militärisches Abenteuer hineinziehen lassen, aus dem es keinen ehrenvollen Ausweg mehr gibt. Davon profitieren in Südafrika nur zwei: Vizepräsident Buthelezi und der radikale gewerkschaftsnahe Flügel des ANC. Ein halbes Jahr vor Südafrikas Wahlen ist das ein bitterer Vorgeschmack auf das, was dem Land blühen kann, wenn Politiker von der Statur Mandelas und Mbekis nicht mehr auf der politischen Bühne agieren. Dominic Johnson
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