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Im dritten Jahr: Hanf goes business

■ Auf der weltgrößten Canabismesse zeigt sich die Marktreife vieler Produkte. Autoindustrie interessiert, Hanflebensmittel boomen

Hennef (taz) – Im dritten Jahr des in Deutschland wieder zugelassenen Hanfanbaus scheint sich die Spreu vom Weizen zu trennen. Dies zeigte sich auf der dritten CannaBusiness, die am Wochenende in Hennef stattfand. Unter den 150 Ausstellern aus 15 Nationen fehlten viele Anbieter der letzten Messen, vor allem aus dem Grow-Bereich: Wegen des seit 1. Januar 1998 geltenden Samenverbots mußten in diesem Segment einige deutsche Betriebe wegen fehlender Einnahmen aufgeben (taz vom 25. September). Viele ausländische Anbieter nahmen aus Angst vor Strafverfolgung nicht an der weltweit größten Hanfmesse teil.

Wesentlich positiver ist die Marktentwicklung bei den Hanfprodukten. So hat sich im Vergleich zu 1996 die Anbaufläche auf 3.600 Hektar verdreifacht. Gab es zu Beginn des neuen Hanfzeitalters vor drei Jahren noch viele Kinderkrankheiten bei Ernte und Verarbeitung, stellt sich die Lage heute besser dar. Laut dem Nova-Institut aus Hürth sind Forschung und Technik nun so weit fortgeschritten, daß Hanf die (Wieder-)Eingliederung in den Wirtschaftskreislauf schaffen kann.

„Industriehanf ist reif für größere Industriezweige, wie zum Beispiel die Automobilindustrie“, sagt Michael Karus, Geschäftsführer des nova-Instituts. Nachdem einige Automobilhersteller Hanffasern in Türinnenverkleidungen oder in Handschuhfächern erfolgreich getestet haben, sieht Karus bald den Durchbruch. Seit die Autoindustrie verpflichtet ist, Altfahrzeuge zurückzunehmen, hat sie starkes Interesse an leicht recycelbaren Verbundstoffen wie Hanf. Die Berliner TreuHanf AG berichtet sogar über Verhandlungen mit VW über eine limitierte Auflage eines Hanf-Golfs. „Wichtigstes Kriterium für VW ist neben Qualität und Preis die Liefergarantie“, weiß Matthias Schillo, Vorstand der TreuHanf. Und die sei jetzt gegeben. Ein Grund dafür ist auch die ständige Erweiterung der Firmenzweige der TreuHanf AG. Nach Aufbau zweier Hanffabriken in Ostdeutschland ist sie als Hauptaktionär an zwei Betrieben in Polen und Rumänien beteiligt. Allein im rumänischen Arad werden zukünftig jährlich zirka 7.500 Hektar Hanf verarbeitet, also doppelt soviel wie in Deutschland insgesamt.

Die 10.000 Besucher der CannaBusiness konnten auch im Bereich Bau- und Dämmstoffe sowie im Foodsektor neue und verbesserte Produkte begutachten. Bei Getränken setzt sich die Zugabe von Blüten immer mehr durch. Nachdem Hanfbier schon fast abgestanden ist, versuchen die Marketingstrategen mit Hanfcola, Hanf-„Ice und Wodka“ das positive Image gewinnbringend zu nutzen. Dem Boom im Lebensmittelbereich vorangegangen ist ein neues Schälverfahren von Hanfsamen. Nachdem der gesundheitlich sehr wertvolle Samen schon länger in Nudel, Müsli, Backwaren, Ölen oder Süßigkeiten zu finden ist, gibt es jetzt auch Hanfkäse, Hanf-Falaffel oder Hanfeis. Florian Heckhausen.

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