■ Vorschlag
: Aussichten auf ein Glitterrevival – Yellowide im Loft

Früher einmal, allzu lange ist das nicht her, nannten sie sich noch Disco. Zu diesem Namen spielten sie einen klappernden, ziemlich lauten Gitarrenrock. Es war ein Scherz, wenn auch vielleicht kein sonderlich guter. Zudem hat ihn nicht jeder verstanden: Irgendwann mußte Disco, die Band, feststellen, daß ihr Album im Plattenladen meist bei Disco, der Musik, eingeordnet wurde. Der Scherz ist mit der Zeit nicht besser geworden. Tatsächlich funktioniert er nach der grandiosen Rückkehr von Disco, der Musik, gar nicht mehr.

Also haben sie sich Yellowide genannt, einen Song auf dem Soundtrack von „Knockin On Heavens Door“ untergebracht und sich so erste Semiberühmtheit gesichert und sich vor allem eingereiht in eine lange Reihe selbstgenügsamer Bands. „Uns geht es nicht darum, Popmusik neu zu erfinden“, meint Sänger Stefan Oliver Knoess. So kann man es auch sagen. Man könnte aber auch meinen, daß sie mitten in Hamburg, mitten im Versuch, Pop eine deutschsprachige Identität zu geben, inmitten der Hamburger Schule also die Zeichen der Zeit konsequent zu ignorieren. Während alle Welt deutsch trällert, gründeten sich Disco nach dem offensichtlich aufwühlenden Erlebnis eines Jeremy-Days-Konzerts und orientieren sich Yellowide in retrospektiver Sehnsucht vor allem an britischen Vorbildern. Daß auf der Insel selbst Oasis inzwischen vornehmlich durch runtergelassene Hosen und ähnliche kulturelle Großleistungen glänzen, stört da nicht. Auch bei Yellowide kann man oft die Beatles hören, allerdings weniger in der Melodieführung wie bei Oasis, sondern eher im Sound. Wenn die Geigen im Hintergrund ihr Stakkato abliefern, hätte wohl selbst Beatles-Produzent George Martin zufrieden geseufzt.

Trotzig versuchen sie, sich der Gegenwart anzudienen und nennen einen Song „90s“, der sich in Kritik an der Schnellebigkeit unserer Zeit ergeht. „Waiting for better days“, heißt es dort, aber eigentlich geht der Blick konsequent zurück. Manchmal klingen sie sogar nach David Bowie in seiner übelsten Glitter-Phase oder versuchen sich noch an ein paar psychedelisch nölenden Gitarren. Allzu modern ist auch das nun wirklich nicht. Oder vielleicht gerade doch: Spätestens wenn „Velvet Goldmine“, die Verfilmung der Bowie-Iggy-Pop-Beziehung, in die Kinos kommt, dürfte das Glitter-Revival richtig ins Rollen kommen. Und mit ihm möglicherweise ja auch die Karriere von Yellowide. Thomas Winkler

30.9., 20.30 Uhr, Loft, Nollendorfplatz, Schöneberg