: Steil bergauf
■ Kurierdienst inline feiert Geburtstag
„Mein Menschenbild hat sich sehr gewandelt – zum Positiven“, schwärmt Jan Rieck, „unglaublich, was in Leuten steckt, wenn sie sich entwickeln können.“ Sich entwickeln kann man offenbar nicht nur in Selbsterfahrungskursen, sondern auch als KurierfahrerIn – jedenfalls bei inline, dem europaweit ersten großen Kurierdienst im Besitz der FahrerInnen. Er feiert morgen seinen ersten Geburtstag.
Die Bilanz nach einem Jahr selbstverwalteter Arbeit stimmt auch finanziell: Seit Anfang des Jahres gehe es mit Aufträgen „steil bergauf“, freut sich Rieck, Gesellschafter von inline und selbst Fahrer. Aus den ursprünglich 90 KurierInnen sind mittlerweile 170 geworden, die voll ausgelastet sind. Vom Umsatz liege inline heute auf Platz zwei auf dem Hamburger Markt, hat Rieck errechnet.
Viel billiger als die fremdbestimmte Konkurrenz sind die autonomen FahrerInnen nicht. Ihr Erfolgsrezept sei der menschliche Bereich, analysiert Rieck: „Die Kunden wollen keine Sklaven. Unsere Fahrer strotzen vor Selbstbewußtsein – das kommt an.“ Es „macht eben was mit einem“, wie man arbeitet. Alle Entscheidungen wie Preise, Auswahl des Funksystems und Aufnahme neuer FahrerInnen trifft der inline Kurierverein, dem alle FahrerInnen angehören und der ein Drittel des inline-Unternehmens besitzt. Die restlichen Anteile halten zwei Treuhandfonds derjenigen FahrerInnen, die etwas Geld investieren konnten.
Reich wird man zwar auch bei inline nicht. 40 bis 50 Mark brutto verdient einE KurierIn pro Stunde. Davon müssen unter anderem Vermittlungspauschale, Steuern und Versicherung bezahlt werden – die Fahrer gelten als Selbständige. Doch bei vielen Kurierdiensten liege der Stundensatz wesentlich niedriger, weil zuviele FahrerInnen um zuwenige Aufträge konkurrieren, erläutert Rieck. Nicht zuletzt deshalb waren viele GründerInnen von inline vor einem Jahr bei den Funkpiloten ab- und in die Selbstverwaltung gesprungen. Bereut haben sie es bis heute nicht. hedi
Jubiläumsparty am 2.10. ab 21 Uhr im Schlachthof
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen