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Oh Schmerz, laß nach!

■ Schmerztherapie im Wandel ? Ärzte, Ständevertretung und Krankenkassen-Experten trafen sich zu einer Ortsbstimmung der Schmerztherapie in der Hansestadt

Das Stechen zwischen dem vierten und fünften Lendenwirbel wird schwächer. Ganz langsam. Schon fast will man sich in Sicherheit wägen. Doch hinterhältig wie er ist, kann er jederzeit wieder zuschlagen. Dann ist er wieder da, der Wegbegleiter Schmerz.

Rein statistisch sind die Deutschen Schmerz-Spezialisten: Zu jedem Zeitpunkt verspürt mehr als die Hälfte der Bevölkerung Schmerzen, fand eine Studie 1992 in Lübeck heraus. Doch die Schmerztherapie in Deutschland ist noch nicht zufriedenstellend, so die Meinung der Bremer Ärztekammer, der Bremer Kassenärztlichen Vereinigung und der Techniker Krankenkasse (TK). Gestern luden sie Ärzte, Betroffene und Kassenexperten zu einer Fachtagung „Aspekte der Schmerztherapie“ ins World Trade Center.

Das Schönste am Schmerz ist, wenn er nachläßt. Leider können fünf Millionen Menschen in Deutschland darauf nur begrenzt hoffen: Sie sind chronisch Schmerzkrank. So unterschiedlich der Leidensweg von Tumorpatienten oder Migräneanfälligen, von Rückengeplagten oder Bauchschmerzopfern auch sein mag: Sie treffen sich beim Arzt, der nach Meinung der Veranstalter oft unter den schulmedizinischen Hilfsmöglichkeiten bleibt.

„Es gibt gute Versorgungsmöglichkeiten, die nicht genug in Anspruch genommen werden“, findet Hans-Dieter Koring, Vorstandsmitglied der TK Hamburg. Dennoch, so die Präsidentin der Ärztekammer Bremen, Ursula Auerswald, habe Bremen eine Vorreiterrolle bei der Behandlung von Schmerzpatienten eingenommen: Eine Zusatzausbildung für Schmerzbehandler gab es zuerst hier, mehrere Schmerzstationen an Kliniken wurden eingerichtet.

Das Engagement für eine bessere Schmerztherapie hat seine schulmedizinischen Grenzen. Vornehmlich für eine optimale „Einstellung“ des Patienten mit verbeserten Medikamenten wurde gestern geworben. Mißtrauisch bis unwirsch betrachtet die Ärztekammer-Präsidentin andere Behandlungsansätze: „Tumorpatienten sind kein Versuchsgut für alternative Heilmethoden“, sagt sie. „Es mag einen Platz geben für chinesische Medizin, aber dem müssen strenge Riegel vorgegeben werden.“ Wer anfange daran zu rütteln, so die Stände-Vertreterin der Bremer Ärzte, der könne die Kammer „zum Toben“ bringen. Die Kassenvertreter nicken kostenbewußt.

Ausdrücklich nicht zur Scharlatanerie zählt Auerswald die Behandlung des Schmerzes durch Psychologen. Eine Ansicht, die den Psychologen Christof Kohrs erfreuen dürfte. Kohrs ist Geschäftsführer der Deutschen Schmerzhilfe Bremen. Mit einer Mischung aus kognitiver Verhaltenstherapie und tiefenpsychologischen Verfahren behandelt er den Schmerz - in Ergänzung zur schulmedizinischen Behandlung. Daß der Schmerz sowohl biologische als auch psychosoziale Ursachen hat, ist für ihn schlicht der aktuelle Stand der Schmerzforschung. „Daß Schmerzpsychologie auch dazugehört, das anzuerkennen, fällt den Krankenkassen allerdings schwer“, so Kohrs. In Einzelfällen übernimmt die Kasse die Kosten zwar bereits jetzt. Zum Allgemeingut von Ärzten und Kassen-Personal gehöre der psychologische Faktor der Schmerzen jedoch noch lange nicht. „Diese Ausgrenzung muß aufhören“, wünscht sich Kohrs.

Christoph Dowe

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